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Göttingische
Anzeigen
von
gelehrten Sachen
unter der Aufsicht
der Königl. Gesellschaft der Wissenschaften.

Der erste Band,
auf das Jahr 1788.

Göttingen,
gedruckt bey Johann Christian Dieterich.

Zürich.

[Seite 562]

Magazin für die Naturkunde Helvetiens, her-
ausgegeben von D. Albr. Höpfner. Zweyter Band,
mit Kupfern. 1788. S. 374. Auch dieser Band
enthält mehrere Abhandlungen, die dem Zweck
des Hrn. D. gänzlich entsprechen, den Geschmack
für Naturkunde unter seinen Landsleuten verbrei-
ten, und selbst den Ausländer mit der Natur sei-
nes Vaterlandes näher bekannt machen. Voraus
schickt Hr. Wyttenbach einige Betrachtungen über
den gegenwärtigen Zustand der Naturgeschichte Hel-
vetiens und insbesondere des Cantons Bern, die er
der ökonomischen Gesellschaft zu Bern vorgelesen
hat; er zeigt mit vieler Wärme, was vornemlich
seine Landsleute von einer eifrigern Anwendung
der Naturgeschichte für Vortheile zu hoffen hätten:
Gleichen Zweck mit ihm, nur in Rücksicht auf einen
andern Zweig der Naturkunde, nemlich Chemie,
hat unsers Hrn. Prof. Gmelin’s Abhandlung, wel-
che aus der Geschichte der Freystaaten, vornemlich
der handelnden, und aus der Mannigfaltigkeit
der helvetischen Naturerzeugnisse zu zeigen sucht,
was sich Helvetien durch ihre Verarbeitung und
[Seite 563] Veredlung, vornemlich nach chemischen Grund-
sätzen, zu versprechen hätte: Hr. D. Höpfner hat
sowohl diese Abhandlung mit Belegen unter dem
Texte und mit einem Anhang versehen, als noch
in einem Zuruf an die Landesväter Helvetiens,
wovon in diesem Bande das erste Stück erscheint,
neue Beweggründe dazu aus der natürlichen Lage
und Beschaffenheit der helvetischen Freystaaten,
ihren Verhältnissen unter sich und zu andern
Staaten dargelegt; der ganze Canton Bern hat
keine Glashütte, und giebt jährlich wenigstens
300,000 Thaler für Glas aus. Von ihm ist auch
die Geschichte des Eisenbergwerks im Mühlethal
in der Landschaft Hasle im Canton Bern, von wel-
cher hier nur der Anfang erscheint. 1333. ergab
sich diese Landschaft der Stadt Bern, und schon
1416. finden sich zwey gerichtliche Urtheile, wor-
in des Eisenerzes daselbst gedacht ist. Auch giebt
der Hr. D. von den Jahren 1784. und 1785. Ver-
zeichnisse von Gebohrnen und Gestorbenen aus
mehrern helvetischen Städten und Staaten, Nach-
richt von Kohlenflötzen, die man im Bistum Ba-
sel und an mehrern Orten des Cantons Bern ent-
deckt hat, und ein Verzeichniß von 19 Gewächsen,
die nach unsers sel. v. Haller’s Tode in Helvetien
entdeckt worden, unter welchen wir uns doch wun-
dern, das Trionum genannt zu finden. Hr. v.
Berchem, der an einer helvetischen Thiergeschichte
arbeitet, sucht zu zeigen, daß der Hausbock vom
Steinbock abstamme, und die Meynungen, die
ihm im Wege stehen, zu widerlegen. Uns dünkt
der Beweis schwer, und derjenige, den Hr. v. B.
führt, nicht überzeugend, auch die Aehnlichkeit
unsers Hausbock’s mit dem Aegagrus, selbst in den
Hörnern, größer, die auch bey ihm an der Ziege
sehr viel kleiner sind, oder gänzlich mangeln;
[Seite 564] daß Hr. v. B. die Hörner bey zahmen Thieren für
sehr wandelbare Merkmale erklärt, kann unter
gewissen Einschränkungen zugegeben werden; daß
aber eben dieses auch von Thieren in ihrer Frey-
heit gelte, dürfte großen Widerspruch finden.
Hr. C. Ul. v. Salis liefert treffliche Beyträge zur
Naturgeschichte der Gemsen und Bären aus Bünd-
ten und Veltlin; jene sieht man doch da noch in
Rudeln zu 60 beysammen; ihre Begierde nach
Salz kostet ihnen oft das Leben, soll ihnen auch
die Krätze zuziehen. Der schwarze große Gras-
bär, der sich in den Haupt- und kleinern Neben-
thälern aufhält, verschmäht zwar eine Beute nicht,
zu der er ohne Gefahr gelangen kann, ist aber
lange nicht so grausam, als der kleinere rothe
Pferdebär, der sich in den großen Nebenthälern
aufhält, und oft die Viehställe in den Maisäsen
besucht; daß sie drey Monate des Winters, wie
das Murmelthier, in ihren Höhlen schlafen, ist
Hr. v. Salis versichert worden; mit Lermen und
Schießgewehr verjägt man sie von Viehheerden,
Kornfeldern und Weingärten. Die Fragmente
aus den Handschriften des Hrn. Pf. Fr. X. Schny-
der
sind hier fortgesetzt; sie betreffen Mais, Hir-
sen, Fench, Bohnen, Vitsbohnen (die der Hr. Pf.
Winterebsen nennt), Kichern, rothen Klee, Lucerne,
Esparsette, Wicken (warum sie der Hr. Pf. Pisum
nannte, wissen wir nicht), Raigras und Fromen-
tal, deren Anbau und Nutzen hier deutlich gezeigt
wird; Vorschlag und Zeichnung zu einem Som-
merstall, um den Dung gut aufbewahren zu kön-
nen, und zu andern landwirthschaftlichen Gebäu-
den. Hr. Reynier beschreibt zwo neue Kleearten,
den Rasenklee, der in Schründen der helvetischen
und savoyischen Gebirge wächst, dem kriechenden
nahe kommt, und hier abgezeichnet ist, und den
[Seite 565] Gletscherklee, der dem Cherlerischen nahe kommt,
den Hr. Thomas in Wallis bey den Gletschern
des Bergs Sylvio fand. Hr. Morell hat eine
Untersuchung des durchsichtigen Feldspats, den
Hr. Pini Adularia nannte, unternommen, und
schließt daraus, daß er hauptsächlich aus Kiesel-
erde bestehe, aber in 100 Granen noch 1961/181
Alaunerde, beynahe 11 Grane Selenit, 5½ Gran
Bittererde und 1¾ Grane Wasser enthalte: Er
macht auch zu einer neuen helvetischen Pflanzen-
geschichte Hoffnung, in welcher er zwar das Lin-
néische System zum Grunde legt, doch so, daß
die zwölfte Classe mit der dreyzehnten vereinigt,
und die vierzehnte bis zur achtzehnten, auch die
zwanzigste bis zur drey und zwanzigsten nach der
Anzahl ihrer Staubfäden unter die übrigen ge-
steckt werden (wenn Hr. Morell einmal blos die
Anzahl der Staubfäden zum Grund legte, so sehen
wir nicht, welches Vorrecht die neunzehnte Classe
hat, überhaupt nicht, was am Ende, vollends
für den Anfänger, durch eine so weitgehende Ver-
minderung der Classen gewonnen wird). Frau Pf.
Schmid erzählt, wie sie aus Nesseln Garn und
Zeuge bereitet, welche den leinenen gleich kom-
men. Hr. Oberk. Wiegleb giebt eine Anleitung,
chemische Kenntnisse in Ermangelung mündlichen
Unterrichts zu erlangen; ein Ungenannter einen
Vorschlag zu einer Verbesserung der Strahlablei-
ter auf hohen Thürmen, der in der Verbindung
desselben mit einer Feuerlöschmaschine besteht, und
hier durch eine Zeichnung erläutert ist. Hr. D.
Hirzel der Sohn liefert Beyträge zur Lebensge-
schichte des sel. D. Locher, Beobachtungen über
den Torf, die er in einigen Gegenden des Zü-
richer Gebiets angestellt hat, mit einer ganzen
Reihe Fragen, die hauptsächlich seinen Nachwachs
[Seite 566] betreffen, und den Briefwechsel, den er mit Hrn. Groß
zu Wisko in Gallizien über den Asphalt geführt
hat; Hr. Gr. entdeckte eine Art, die zu Kerzen
gebraucht werden konnte, in den Karpathen;
neuerlich hat man bey Orbe ein Bergöl gefunden,
das Hr. Venel zu Kütt gebraucht, von welchem
er dreyerley Sorten im Großen bereitet und ver-
kauft. Hr. Prof. Forster theilt seine Beobach-
tungen über das Eis, vornemlich im Südmeere,
mit, und sucht die dort bemerkten Erscheinungen
auf die Gletscher anzuwenden. Hr. Bergh. Wild
erzählt seine Reise von Bex nach Wallis; oft
glaubt er, Granitschiefer (ist der mit Granit von
gleichem Alter?) auf Kalkstein liegend (nicht viel-
leicht diesen an jenen anlehnend?) bemerkt zu
haben, und ist daher den Erdkundigen bös, die
alles Kalkgebirg aus Muschelschaalen entstehen
lassen. Hr. v. Saussure giebt von seiner im
Erndtemonat 1787. auf den Gipfel des Montblanc
vollzogenen Reise Nachricht, welche vollständiger
in dem Verfolg seiner Alpenreisen vorkommen wird;
von Thieren sah er am Gipfel nichts, als einen
Tag- und einen Nachtschmetterling; das Queck-
silber im Barometer stand kaum über 16 Zolle
hoch; auch Spuren von fester Luft hatte er in
dieser Höhe gefunden. Die Einwendungen, wel-
che Hr. de Luc gegen seinen Hygrometer macht,
hat er schon im Journal de Physique von die-
sem Jahre beantwortet. Von Reisebeschreibungen
ist in diesem Bande Hrn. Prof. Storr’s Alpenreise
zu beurtheilen angefangen. Auch nahe an Mittel-
gebirgen, und sogar im Schooße und in der Nähe
der Hochgebirge, finden sich mächtige Lager von
Versteinerungen; aus Schörl und Hornsteinschie-
fern wittere auch reines Glaubersalz aus; in Hel-
[Seite 567] vetien bestehen die Hochgebirge (auf der Ober-
fläche) oft aus Kalkstein oder Schiefer.

Von den S. 565 gedachten Adularien hat Hr. D.
Höpfner eine Sammlung ausnehmend großer und
schöner Stücke, so wie eine andere von den Ge-
birgsarten aus der Nachbarschaft des Montblanc
(als Beleg zur Saussurschen Reise), an unser aka-
demisches Museum geschenkt.



Blumenbach, Johann Friedrich. Date:
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