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Göttingische Anzeigen
von
gelehrten Sachen
unter der Aufsicht
der königl. Gesellschaft der Wissenschaften.

Der erste Band,
auf das Jahr 1797.

Göttingen,
gedruckt bey Johann Christian Dieterich.

London.

[Seite 892]

Catalogus bibliothecae historico-naturalis
Josephi Banks Baroneti, Balnei Equitis, Re-
giae Soc. Praesidis, caet. Auctore Jona Dryan-
der,
A.M. Regiae Soc. bibliothecario. To-
mus II. Zoologi. – typis Gul. Bulmer et soc.

1796. 578 Seiten in groß Octav, ohne die Re-
gister.

Für die Naturgeschichte, als eine Erfahrungs-
wissenschaft von einem so unbegrenzten Umfange,
und die wegen ihres so allgemeinen und so viel-
seitigen Interesse nun seit zwey Jahrtausenden in
so fast unübersehlich zahlreichen Schriften bear-
beitet worden, sind möglichst vollständige und mit
Urtheilskraft geordnete systematische Verzeichnisse
dieser Schriften ohne Widerrede eines der nutz-
barsten, wichtigsten Hülfsmittel: – versteht sich,
bey weitem nicht etwa nur für den bloßen Litte-
rator, sondern für den Naturforscher selbst, dem
darum zu thun ist, zu wissen, wo er sich bey sei-
nen Untersuchungen, ausser den für den ersten
Anlauf allgemein bekannten Quellen, Raths er-
hohlen kann. Noch existirte aber bis jetzt kein
Hülfsmittel dieser Art, das in Rücksicht der an-
gegebenen beiden Erfordernisse von Vollständigkeit
und der für den Gebrauch bequemsten Anordnung,
dem Werke zu vergleichen wäre, von welchem hier
die Rede ist. Der zoologische Theil, den wir
vor uns haben, und der den zweyten Band des
[Seite 893] Ganzen ausmacht, ist früher beendigt und her-
ausgegeben, als der Erste, der ihm, so wie nach-
her die übrigen von Zeit zu Zeit, folgen wird.
Indeß wird die bloße Anzeige von der Einrich-
tung dieses Bandes zur vollesten Rechtfertigung
dessen dienen, was wir von der gemeinnützigen
Wichtigkeit eines Werkes der Art gesagt haben. –
Das Ganze ist in vier Abschnitte eingetheilt; wo-
von der erste, ausser den Werken über die Zoologie
im Allgemeinen, und den dahin gehörigen Littera-
toren, Methodologen, Faunisten u.s.w. die zur
eigentlichen Thier-Beschreibung (in dem Sinne,
wie Hr. Kant die Natur-Beschreibung von der
eigentlich so genannten Natur-Geschichte unter-
scheidet) gehörige Schriften nach der Ordnung des
Linnéischen Systems durch seine Classen und deren
Geschlechter, Gattungen und Spielarten, begreift.
Der zweyte (pars physica) mehr die eigentliche
Thier-Geschichte, mit Inbegriff der vergleichen-
den Anatomie und Physiologie. Der dritte die
Materia medica und Toxicologie aus dem Thier-
reiche, und der vierte die öconomische Zoologie,
Nutzen und Schaden der Thiere, Viehzucht, Jagd,
Fischerey, Bienenzucht, Seidenbau u.s.w. –

Der Reichthum der Bibliothek selbst muß die
Bewunderung der Kenner erregen: nicht sowohl
wegen der Vollständigkeit an großen Hauptwerken,
die (ungeachtet sie im naturhistorischen Fache un-
gleich kostbarer ausfallen, als in den mehresten
andern) sich doch meist mit Geld schaffen lassen;
als wegen der ausnehmenden Fülle von den we-
nig bekannten, so schwer aufzutreibenden, kleinen
Schriften, Monographieen etc. Zu geschweigen der
hier vorkommenden noch ganz ungedruckten Hand-
schriften und Handzeichnungen (nahmentlich z.B.
von den auf den beiden letzten Cookischen Welt-
reisen gemachten zoologischen Entdeckungen) oder
[Seite 894] solcher gedruckten Werke, die in Rücksicht ihrer
äussersten Seltenheit den Handschriften zu ver-
gleichen sind (wie zu einem Beyspiele statt vieler
die von dem berühmten Mahler Phil. de Liagno
nach Molitor’s Präparaten geätzten Thier-Skelete,
wovon dem Rec. ausser seinem eigenen Exemplare
und dem in der Banksischen Bibliothek, aller Nach-
forschungen ungeachtet, noch nie ein drittes vor-
gekommen).

Was aber dem Catalog in Rücksicht auf gemein-
nützige Brauchbarkeit für den Naturforscher den
größten Werth gibt, ist, daß er als reichstes Real-
Repertorium über die fast zahllosen Miscellan-
Werke dient, worin so sehr viele nützliche und
wichtige kleine Abhandlungen zerstreut und ver-
steckt
sind. Und zwar erstreckt sich dasselbe bey
weitem nicht etwa bloß auf die so genannten So-
cietäts- u.a. academische Schriften gelehrter Ge-
sellschaften; oder auf die ausschließlich der Natur-
kunde gewidmeten Sammlungen, Magazine, Jour-
nale etc. – sondern, was das Allerwillkommenste
ist, auch auf solche Werke, die nur selten oder zu-
fällig eigene zoologische Aufsätze enthalten, wie
z.B. unter den periodischen die Leipziger Acta eru-
ditorum
, die Hessischen Beyträge u. dergl. m. oder
unter den Miscellan-Werken einzelner Gelehrten,
Albini annotationes, van Heide experimenta u.
s.w. – Sogar ist jedes Mahl angezeigt, wo ein
Aufsatz in andern Sammlungen wieder abgedruckt,
oder übersetzt ist, oder auch nur ausführliche Aus-
züge davon zu finden sind. Durchgehends sind alle
Titel vollständig, deutlich und äusserst genau, so-
gar die Stärke jeden Buchs oder jedes Aufsatzes,
so wie die Zahl der dazu gehörigen Kupfer, ange-
geben. Das Auffinden und Nachschlagen ist ausser
den deutlichen Abtheilungen im Druck, und den
durchgehends über jede Seite gesetzten speciellen
[Seite 895] Columnen-Titeln, auch noch sowohl durch eine vor-
an gesetzte tabellarische Uebersicht der Abschnitte und
ihrer Eintheilung, als durch ein am Ende befind-
liches alphabetisches Sachenregister, erleichtert.

Wir schließen diese Anzeige mit der Erwähnung
einiger wenigen Betrachtungen von den vielen, zu
welchen dieser bewundernswürdige Catalog Anlaß
geben kann. Z.B. was eines einsichtsvollen
Sammlers beharrlicher Eifer, wenn er zweckmäßig
auf ein bestimmtes Fach gerichtet und durch Glücks-
umstände unterstützt ist, zu leisten vermag. – Das
Verhältniß der zoologischen Schriftsteller und ihrer
Arbeiten in den letztern beiden Menschenaltern, seit
Linne die neue Bahn brach, zu allen vorhergehen-
den. Warum gerade manche Gegenstände der
Zoologie ein Heer von rüstigen Bearbeitern gefun-
den, indeß andere, wenn gleich noch so interessante,
vor der Hand noch fast leer ausgegangen. – In
der pars physica die vielen neuen, oft ganz uner-
warteten, frappanten Seiten, Gesichtspuncte etc.
aus welchen man hier Gegenstände behandelt findet,
und die selbst wieder einen nachdenkenden Leser auf
neue, bisher unbemerkt gebliebene, Seiten und Ge-
sichtspuncte leiten, ihm neue Aufschlüsse öffnen
können.

Um so mehr wäre es zu bedauern, wenn dieses
so äusserst brauchbare, gemeinnützige, so viele Sel-
tenheiten enthaltende, Verzeichniß, wie wir daraus,
daß auf dem Titel kein Verleger desselben angege-
ben ist, zu fürchten Ursache haben, selbst eine große
Seltenheit bleiben, und bloß als Manuscript für
Freunde anzusehen seyn sollte.



Blumenbach, Johann Friedrich. Date:
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