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Göttingische
gelehrte Anzeigen
unter der Aufsicht
der königl. Gesellschaft der Wissenschaften.

Der zweyte Band
auf das Jahr 1811.

Göttingen,
gedruckt bey Heinrich Dieterich.

Göttingen.

[Seite 1137]

Schon in der vorletzten Versammlung der kö-
nigl. Societät der Wissenschaften sind derselben
zwey zu diesem Behuf eingesandte Aufsätze mine-
ralogischen Inhalts vorgelegt worden.

Der eine, vom Hrn. Canonicus de la Tour
in Hildesheim, der schon seit lange die Fossilien
seiner Gegend fleißig sammelt und untersucht, über
einen Chalcedon in mancherley Abarten und Ueber-
gängen, den er in Nieren und Nestern im Flöz-
kalk eines nahe bey der Stadt belegenen Berges,
des so genannten Spitzhuths, entdeckt hat. – Die
Kugeln finden sich in vermiedener Größe, von der
eines Menschenkopfs bis zu der einer Erbse; theils
hohl, theils dicht; an Farbe theils emailleweiß,
kaum an den Kanten etwas durchscheinend, theils
ins Milchblaue, Rahmgelbe, Rauchgraue etc. etc.
mehr oder minder durchscheinend. Theils gestreift,
oder mit Fortificationszügen; theils aber auch in
scharf abschneidenden Schichten von abstechenden
Farben, auf Niccolo-Art. – Uebergänge in Onyx,
Halbopal, Hydrophan etc. – Nimmt treffliche
[Seite 1138] Politur an, und läßt sich zu Petschirsteinen und
dergl., und die geschichtete Abart selbst zu Cameen,
verarbeiten. – Beyläufig liefert der Hr. Cano-
nicus auch nützliche Beyträge zur Geschichte der
Versteinerungen dasiger Gegend: eine interessante
Nachlese zu des wackern alten Lachmund’s Orycto-
graphia Hildesheimensis
.


Der andere Aufsatz ist uns von Hrn. Marcel
de Serres
(Inspecteur des arts), einem schon
durch mehrere naturhistorische Arbeiten verdienten
Französischen Gelehrten, zugeschickt worden, und
enthält allgemeine, meist geognostische, Betrach-
tungen über die Steinsalzgruben und Salzquellen
in Steiermark, Oberösterreich, Salzburg, Baiern
und Tirol, die dem Verfasser sämmtlich wie in
Einer Kette zusammen zu hängen und von gleich-
zeitiger Entstehung zu seyn scheinen. – Zuerst
zahlreiche Angaben von Höhenmessungen, die aber
hier so wenig, als der größte Theil des übrigen
Inhalts, einen Auszug gestatten, daher wir uns
nur auf die Anzeige einiger wenigen einzelnen Be-
merkungen beschränken müssen. – Wenigstens gar
manche der zahlreichen Seen, die sich längs des
Fußes jener großen Gebirgskette finden, seyen
ehedem mit Salzstöcken gefüllt gewesen, und diese
allgemach durch Flüsse, die sich großen Theils in
die Traun ergießen, ausgewaschen worden. Im
Kalkstein jener Gebirge finden sich die versteinten
Conchylien zum Theil in großer Menge, im Gyps
nur äußerst selten, im Steinsalz selbst niemahls
(– dergleichen man hingegen mitten in dem von
Wieliczka gefunden zu haben versichert –). Ein
schwärzlichter schuppiger Gyps in den Salzthonla-
gern, theils wie Gerölle, theils mit eingewachsenen
[Seite 1139] Selenitkrystallen, die ihm gleichsam das Ansehen
eines porphyrartigen Gemenges geben. Eben die-
ser Thon gibt die sichersten Anzeigen auf nahes
Steinsalz, dessen Lager übrigens sehr unordent-
lich und widersinnig durch einander laufen. –
Vom Vorkommen des Anhydrits und Muriacits,
so wie auch des natürlichen Bittersalzes, Glau-
bersalzes, und der so genannten natürlichen So-
da. – Zu Hall in Tirol gewinne man jährlich
auf 50 Centner reine Magnesia. Eben daselbst ist
auch der einzige Fundort des eben gedachten na-
türlichen Mineral-Alkali, aber nur in sehr gerin-
ger Menge. Das Glaubersalz findet sich fast im-
mer mit dem Kochsalz gemengt. Aber daß man
auch Glauberit daselbst finde, ist, nach des Verf.
Untersuchung, ungegründet.



Blumenbach, Johann Friedrich. Date:
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