Voyages and Travels to India, Ceylon
the red Sea, Abyssinia and Egypt – by Geor-
ge, Viscount Valentia. Zweyter Band,
(s. oben S. 697 f.)
Dieser Band enthält zuerst die wichtige Unter-
suchungsreise des Verf. längs der westlichen Küste
des rothen Meeres, da es ihm immer räthselhaft
vorgekommen war, daß diese Fahrt von den Neuern
als so gefahrvoll verschrien sey, da sie doch von
den Alten durchgehends der an der Ostseite vor-
gezogen worden. Auf seinen Anlaß ward von dem
General-Gouverneur von Indien eine Bombay-
Brig zu dieser Untersuchung beordert, so daß da-
bey der Capitain derselben unter dem Commando
des Lords stand. Im März 1804 ging das Schiff
von Mangalore unter Segel, und kam nach vier
Wochen in die Straße von Bab-el-Mandeb. Eine
vorher noch nicht beschriebene, und vermuthlich noch
von keinem Europäer besuchte Insel unweit Mas-
sowah erhielt den Nahmen unsers Verfassers, der
sie für Orine der Alten hält. Die Häuser auf
Dhalac aus Quadern von Madreporblöcken gebaut,
und mit den Blättern der Duhm-Palme (– Hy-
phaene cucifera, s. die vorjährigen Anzeigen S.
1237 u.f. –) gedeckt. Ueberall ward den Rei-
senden Kaffee gereicht, bekanntlich ohne Zucker
und Milch, in kleinen Tassen, auf einem Untersatze
von Filigran. See-Igel, mit Stacheln fußlang,
und spitz wie Nadeln. In einem Warenverzeich-
niß von Massowah auch Rhinocer-Hörner. Das
[Seite 781] currente Geld sind Piaster, und statt Scheidemünze
Venetianische Glaskorallen, deren 2760 solch ei-
nen Thaler gelten. – Allerhand Zwist zwischen
dem Verf. und dem intriganten Capitain der Brig
nöthigten jenen, das Schiff zu verlassen, und in-
deß auf einem andern nach Mocha zu gehen, einen
Abstecher nach Aden, und von da zurück nach Mo-
cha zu machen, von wannen er nach Bombay se-
gelte, wo er seinen Capitain im Arrest fand. –
Daß sich der Arabische Handel zeither von jenem
herrlichen Hafen zu Aden nach Mocha gezogen, davon
war nur das der Grund, weil der Souverain von
letzterem Orte zugleich im Besitze des dasigen Kaf-
fee-Landes war. Nun, da sein Reich durch die
Wahabiten zerstückt ist, wird sich Aden wahrschein-
lich zu seinem Flor wieder erheben. Der Verf.
hält letzteres ganz ausgemacht fürs Endämon im
Periplus. – Bey der Ankunft des Verf. zu
Bombay hatte eine schaudervolle Hungersnoth
Tausende von Hindus aufgerieben. Manche Dör-
fer waren rein ausgestorben. Einzelne Schilde-
rungen von Hungerssterbenden, oder von Verhun-
gerten, die von Geyern und Schakalen und Pa-
reierhunden zerrissen werden, sind zum Entsetzen
Und doch passirten häufig Proviantfuhren durch
die Dörfer der verhungernden Hindus nach Par-
well, ohne daß diese geduldigen, sanften Men-
schen je einen Aufstand erregt, so eine Lieferung
angefallen hätten! – Des Verf. Besuch bey ei-
nem großen Indischen Heiligen zu Chinchoor, des-
sen Geschichte im VII. Bande der Asiatic Resear-
ches beschrieben ist, und den ein großer Theil
der Mahratten für den eingefleischten Gunputty,
ihre Lieblingsgottheit, hält. – Der arme After-
[Seite 782] gott hatte ein Fell auf den Augen, weßhalb er
den Englischen Arzt in des Verf. Begleitung
consultirte. – Der größere Theil der Einwohner
von Bombay sind Persis, Nachkommen der Per-
sianer, die sich im 16. Jahrhunderte hieher zo-
gen, da Schah Abbas ihre Tempel auf dem Albend
zerstörte, und die Feueranbeter vertrieb. Sie sind
reich, thätig, und dabey von ausgemachter Recht-
lichkeit. Der Verf. zieht sie jedem andern Indischen
Volke, das unter Brittischer Botmäßigkeit steht,
unendlich vor. Nach allen Erkundigungen, die er
dort eingezogen, zweifelt er weder an der Echt-
heit der Zend Avesta, noch an der Treue von
Anquetil’s Uebersetzung. Auch habe Sir William
Jones noch vor seinem Tode seine frühern Aus-
fälle dawider als irrig zurückgenommen. Die
schöne Esplanade wimmelt des Morgens und Abends
von den Sonnenanbetern in ihrem weißen Ge-
wande, die beym Auf- und Untergang derselben
ihre Andacht halten, indeß die Weiber, wie zu
der Patriarchen Zeit, nach dem Brunnen geben,
um Wasser zu schöpfen. Auch die wundersamen
uralten Felsen-Pagoden von Carli, Salsette
und Elephanta hat der Verf. besucht, und gibt
interessante Nachlese mit Abbildungen zu den Nach-
richten seiner Vorgänger. Die Menge und Größe
dieser nun verödeten Felsentempel zeugt von der
ehemaligen Bevölkerung ihrer Umgebungen, die
jetzt mit Wäldern, fast undurchdringlichem Dickicht,
dem Aufenthalt der Tiger u.s.w., bedeckt sind.
(– Jungle, ein vom Verf. oft gebrauchtes, aber
verenglischtes, Wort ist das Hindostanische jun-
gel, und bedeutet nach Ferguson’s Dictionary
of the Hindostan language,das wir deßhalb
[Seite 783] nachschlugen, so viel, als Dickicht, Waldung,
Wildniß, Einöde. –)
Durch die Vorsorge des General-Gouverneurs
fand sich nun der Verf. im Stande, in einem an-
dern, für seinen Zweck passenderen, Schiffe nach
Mocha zurück zu kehren, und seine Untersuchungs-
reise auf dem rothen Meere fortzusetzen. Von
Mocha zunächst nach den westlichen Inseln, Dha-
lac, Massowah, Suakin etc., und so nach der Kü-
ste von Habessinien. Vergleichung mit den An-
gaben der Alten, namentlich im Periplus, und
dessen gelehrtem Commentator, Hrn. Vincent, was
aber für unsere Anzeige keinen Auszug leidet. –
Daß sich jetzt auch in den Türkischen Gebräuchen
Manches ändert, zeigt ein grüner Khelaut, der
dem Verfasser beym Besuch bey einem Emir auf
Suakin über die Schultern gehängt ward. Das
wäre noch vor wenigen Jahren in der Türkey
unerhört gewesen, wo es für einen Christen ge-
fährlich gewesen seyn würde, auch nur ein Stück-
chen von dieser bey den Mohammedanern heiligen
Farbe zu tragen. – Das Profil-Portrait eines
Suakini-Arabers von sonderbarer Physiognomie.
Der Verf. verbürgt die vollkommene Treue der
Abbildung, und meint, es sey unmöglich, nicht
von der Aehnlichkeit zwischen dieser und denen
von den Südsee-Insulanern in Cook’s Reisen
frappirt zu werden.
(– Den Rec. frappirte vielmehr diese Behaup-
tung selbst; und so sehr bekannt ihm auch die
National-Physiognomien dieser Insulaner in den
Original-Ausgaben aller drey Reisen sind, so hat
er sie doch auf diesen Anlaß von neuem durch-
gemustert, ohne irgend eine andere Aehnlichkeit
[Seite 784] mit dem Bilde quaestionis zu finden, als höch-
stens in den sonderbar gedrehten Kopfhaaren, z.B.
bey dem Einwohner von Tanna in der zweyten
Reise Vol. II. Pl. XXVI. Er erinnert dieß nur
zur Warnung für Anthropologen, die auf die Au-
tarität der sonst noch so zuverlässigen, nur, wie
es scheint, physiognomisch eben nicht tactfesten,
Reisebeschreiber seltsame Fehlschlüsse auf Abstam-
mung oder Verwandtschaft weit entfernter Völker-
schaften ziehen dürften. So findet, um nur Einen
dieser Reisenden zu nennen, Hr. Barrow in einer
seiner Reisebeschreibungen die Gesichtsbildung der
Brasilianer der von den Malayen und Schi-
nesen ähnlich; in einer zweyten die von den
Schinesen der Hottentotten ihrer analog; und
in der dritten vergleicht er wieder der Hotten-
totten ihre mit der von den alten Aegyptern
und Aethiopiern. –)
Wer Bruce’s Reisen gelesen hat, erinnert sich
wohl noch mit Verdruß seiner verwünschten Fliege
Tsaltsalya oder Zimb, von der er Wunderdinge
erzählt (wie durch ihre Plage die Hirten im al-
ten Habesch zu Nomaden und Speditionshändlern
der Cuschiten geworden wären etc. etc. etc.), ohne daß
man weder aus seiner Beschreibung, noch aus der
monstrosen Abbildung, die er gibt, nur irgend
errathen konnte, was nur irgend für eine Art
Bremse darunter gemeint seyn sollte. Hier un-
ser Verf., und früher auch Hr. Browne, erhielten
beiderseits von Leuten, die in Sennaar gewesen
waren, die Versicherung, nie ein Wort von solch
einem Dinge gehört zu haben. Auch Bruce’s
vorgebliche Fahrt von Cosseir nach den berühmten
Smaragdbrüchen auf Jibbel Zumrud hält unser
[Seite 785] Verf. für eine bloße episodische Fiction. – Hin-
gegen ertheilt er den Portugiesischen Berichten
des Don Juan de Castro, der mit Stef. de Gama
1540 die Westküste des rothen Meeres befuhr,
das Zeugniß der größten Zuverlässigkeit. – Ge-
fährliche Fahrt längs der Habessinischen Küste zwi-
schen Klippen und Korallenriefen. Der Verfasser
tritt Danville’s Vermuthung bey, daß die weiland
so berufenen Goldminen von Berenice panchry-
sos bey Salaka oder Macowar, wohin er doch
nicht selbst gelangte, zu suchen seyen. – Die
Hayfische werden im rothen Meere der Finnen
wegen gefangen, die über Indien nach Schina
gehen, wo man sie wie die Tunkinsnester verspei-
set. – Auf Valentia-Insel verlangten die Ein-
wohner Kronthaler, statt daß bis dahin Piaster
cursirt hatten. – Das Gouvernement von Mo-
cha ist die beßte Bestallung des Imàm’s, wegen
der großen Summen, die er von den Vanianen
und fremden Kaufleuten erpressen kann. Der
damahlige Gouverneur (oder Dola) hatte zu die-
sem Behuf eine Methode erfunden, die Banianen
in ein Zimmer zu sperren, und so lange, bis sie
sich zum Ziele legen, mit Schwefeldampf zu äng-
stigen. – Mit ihren religiösen Menschensatzun-
gen scheinen es die dortigen Araber eben nicht
nach der strengen Observanz zu halten. Für ein
Trinkgeld transportirten sie ein lebendiges Schwein
vom Schiffe nach der Englischen Factorey, und
für Einen oder ein paar Thaler bringt ein Sol-
dat des Dola einen Christlichen Liebhaber gern
zu einem Türkischen Freudenmädchen, und hält
derweile vor der Thüre Wache. – Die Kinder
bey Zeiten ans Lügen zu gewöhnen, ist ein Haupt-
[Seite 786] punct ihrer Erziehung. – Tabellarische Ueber-
sicht des Ertrags der Ausfuhr von Gummi, Myr-
rhen, Weihrauch, und zumahl des Mocha-Kaffees.
Bey letzterem große Verschiedenheit nach dem
Wege, auf welchem er nach Europa gebracht wird.
– Interessante Notizen von Abdul Waheb und
seiner Secte, die nun seit 40 Jahren so große
Revolutionen in Arabien verursacht. Sein Sohn
und Nachfolger ward im May 1803 in einer Mo-
schee während er betete von einem Araber, dem
er lange Jahre vorher eine Tochter geraubt hat-
te, ermordet. Sein jetztlebender Enkel hat im
gleichen Jahre Mecca, und im folgenden auch Me-
dina, erobert, und den Wallfahrten dahin ein
Ende gemacht. Nur der kleine Staat von Aden
hat sich noch erhalten. Wiederhohlte Anträge und
Anerbietungen der Wahabiten aber, denen es zu-
mahl um Waffen und Ammunition zu thun ist,
an die Regierung von Bengalen sind von dieser
noch immer unbeantwortet geblieben. – Kaffee-
trinken und Tobakrauchen haben sie schwer ver-
pönt. Sie zerstörten die Kaffeehäuser, und ver-
brannten die Tobaksmaschinen haufenweise. –
Hr. Salt reisete nun, wie oben erwähnt, im
Julius 1805 nach Habessinien. Von Arkeko süd-
lich über Taranta nach Dixan, Antalow, Axum
und Adowa. Bey Dixan gefleckte Hyänen (Canis
crocuta ) von der Größe eines kleinen Esels, aber
menschenscheu; eine derselben schleppte eine ganze
Carcasse eines Pferdes fort. Kein Habessinier
rührt eine erlegte Hyäne an; doch bat ein Ba-
harnegasch (Priester und Gerichtsschulze) um die
Leber einer geschossenen, um sie als Ingrediens
einer Tinte zu Zauberformeln zu gebrauchen; trug
[Seite 787] sie aber sehr ängstlich an einen langen Stecken
angespießt von dannen. – Die Kinder von bei-
den Geschlechtern werden, acht Tage alt, von
einer Frau beschnitten. Die Buben heirathen,
wenn sie 14, die Mädchen, wenn sie 10 bis
12 Jahre alt sind. Eine Auszeichnung der Wei-
ber von Stande ist, daß sie ihre Nägel der lin-
ken Hand mächtig lang wachsen lassen, und zum
Schutz derselben lederne Kapseln darüber tragen. –
(Die Anzeige des dritten Bandes nächstens.)