Die Absicht bey der Herausgabe dieser
Hefte ist, nach und nach einen nützli-
chen Vorrath von getreuen und entwe-
der noch gar nicht, oder doch nur wenig
bekannten Abbildungen merkwürdiger
und nicht gemeiner naturhistorischer
Gegenstände zu liefern.
Folglich bleiben davon 1) allge-
mein bekannte hieländische Geschöpfe,
und 2) die, so in und aus allgemein be-
kannten Werken (wie z.B. dem Büffo-
nischen) schon so oft vorgestellt wor-
den, gänzlich ausgeschlossen.
Sondern, diese Abbildungen sollen
entweder
1) aus der Natur selbst, zumahl von
Stücken im academischen Museum; oder
2) aus Handzeichnungen und an-
dern nicht gemeinen schönen Blättern
in meiner Sammlung; oder
3) aus seltnen (wenigstens in
Deutschland nicht leicht zu habenden)
Schriften, entlehnt werden, deren die
academische Bibliothek eine so ausneh-
mend reiche Fülle besitzt.
Um die Arbeit desto gemeinnützi-
ger zu machen, sollen alle überflüssige
typographische Zierathen vermieden,
und daher z.B. nur die wenigen Figuren
ausgemahlt werden, die ohne Illumina-
tion undeutlich bleiben würden.
Hingegen soll ein Kupfer nie mehr
als einen Gegenstand, oder höchstens
sehr nah verwandte und zur Verglei-
chung zweckmässig zusammen gestellte,
enthalten: und so auch die Erklärung
eines jeden Kupfers auf ein besonderes
Blatt kommen, damit die Besitzer das
Ganze nach jeder ihnen selbst beliebi-
gen Ordnung legen können.
Dass in diesem 1ten Hefte einige Fi-
guren kleiner ausgefallen als es nöthig
gewesen, rührt daher, weil anfangs ein,
kleineres Format gewählt worden war.
Was ich schon im Handbuch der
Naturgeschichte (wovon jetzt die
5te Ausgabe unter der Presse ist) über
die in diesen Heften abgebildeten Ge-
genstände gesagt habe, wird in denselben
nicht wiederholt. Aber dadurch hoffe
ich Dank zu verdienen, wenn ich der Er-
klärung gelegentlich eine oder die andre
nicht sehr bekannte speciellere Bemer-
kung über diese Gegenstände beyfüge.
Göttingen, den 7. April 1796.
Joh. Fr. Blumenbach.
Sie machen um so schicklicher den Anfang
in dieser Sammlung, da mir kein anthropo-
logisches, oder überhaupt naturhistorisches
Werk bekannt ist, worin ächte, porträtmässige
und characteristische Abbildungen der wichtig-
sten Rassen im Menschengeschlecht enthal-
ten wären.
Selbst in den kostbaren neuen Trachten-
büchern von bar, düflos, viero u.a. sind
höchstens einige der darin vorkommenden Eu-
ropäischen gekrönten Häupter als getroffene
[[12]] Porträts anzusehen, hingegen die übrigen Fi-
guren, zumahl die von wilden Völkerschaften
fremder Welttheile, was die Gesichtsbildung
betrifft, bloss aufs willkührliche Gerathewohl
hingeworfen.
Hier sind hingegen die characteristischen
und von Meisterhand nach dem Leben ge-
zeichneten Porträts von 5 schon an und für
sich interessanten Personen aus den verschie-
denen Menschen-Rassen gewählt, die sämmt-
lich neuerlich in Europa gewesen oder noch
sind; so, dass die vollkommen getroffne Ähn-
lichkeit dieser Abbildungen von gültigen Rich-
tern, die diese Personen selbst gekannt, be-
zeugt werden kann.
Der Calmücke (1) repräsentirt die Mon-
golische Rasse;
So wie der Mohawk (2) die Americanische;
Der Türke (3) die Caucasische;
[[13]]Der Otaheite (4) die Malayische;
und der Neger (5) die Aethiopische.
Die physiognomischen Unterscheidungs-
zeichen dieser 5 Rassen habe ich in der 3ten
Ausgabe der Schrift de generis humani varietate
natiua S. 177 u. f. ausführlich angegeben; wo
auch 5 musterhafte Schedel von denselben aus
meiner Sammlung abgebildet sind, die man
mit den gegenwärtigen 5 Porträts verglei-
chen kann.
Hier nur soviel: – Die Caucasische Rasse
ist nach allen physiologischen und historischen
Datis wahrscheinlich der Urstamm, der mit
der Zeit durch die verschiedenen Ursachen der
Degeneration in die beiden Extreme, näm-
lich einerseits in die Mongolische R. mit dem
platten Gesichte; und anderseits in die Aethio-
pische mit den prominirenden Kiefern, aus-
geartet.
Die Americanische macht in der Bildung
den Übergang von der Caucasischen zur Mon-
golischen, so wie die Malayische den zu der
Aethiopischen.
In den Hauptzügen nämlich ähnelt zwar
die Americanische der Mongolischen, so wie die
Malayische der Aethiopischen; nur sind sie in
jenen beiden Übergangs-Rassen (der America-
nischen und der Malayischen) annoch stärker
ausgewirkt, zumahl im Profil mehr hervor-
springend als in den beiden Extremen. (der
Mongolischen und Aethiopischen R.)
Dieser wegen seiner grossen Künstler-Talente
berühmte Calmücke war vor etlichen und 20
Jahren als ein kleiner Bube von der Russi-
schen Kaiserinn an die Erbprinzessinn von Ba-
den geschenkt, dann in Carlsruh erzogen wor-
den, und lebt jetzt als kunstreicher, allgemein
bewunderter Zeichner in Rom, wo mein ver-
ehrter Freund, der Herr Legations-Secretär
tatter im Herbst 1792 dieses Bildniss dessel-
ben, von ihm selbst in schwarzer Kreite verfer-
tigen lassen und mich damit beschenkt hat.
Es wird sowohl wegen der unübertrefflichen
geschmackvollsten Manier, als wegen der spre-
chenden, wie aus dem Spiegel genommenen
[[18]] Ähnlichkeit, doppelt schätzbar. Für diese bürgt
mir das einstimmige Zeugniss so vieler Reisen-
den, die diesen grossen Künstler in Rom ge-
sehen, und dann diess Bild, das ohne Unter-
schrift in meiner anthropologischen Sammlung
hängt, immer beym ersten Eintritt von selbst
erkennen. Jene aber ist so ganz ausnehmend,
dass das Bild von Künstlern und andern Ken-
nern ohne alle Ausnahme als ein in dieser
Manier fast unbegreifliches Meisterstück be-
wundert wird.
Ein unter dem Nahmen von Cptn joseph
brant auch in Europa bekannter Heerführer
der Mohawks oder der ehedem so genannten
Sechs Nationen: ein Mann von ausgezeichne-
ten Fähigkeiten und grossen Einfluss, der sich
vor 20 Jahren in politischen Angelegenheiten
in London aufgehalten, wo der grosse Por-
trätmahler romney ein Kniestück von ihm ver-
fertigt, das von j. r. smith vortrefflich in
schwarzer Kunst gestochen worden.
Ein Aufsatz den dieser so genannte Wilde
zur Widerlegung der ehedem von einigen
Reisebeschreibern behaupteten natürlichen Bart-
losigkeit der Americaner verfertigt, ist im 76ten
Bande der philosophical Transactions v. J. 1786
abgedruckt.
Als Repräsentant der Caucasischen Rasse, wo-
hin überhaupt die nach unsern Begriffen von
Schönheit bestgebildeten Menschen gehören.
Ich hätte also eben so gut jeden andern, nach
diesen Begriffen besonders regelmässig geform-
ten, Europäer, einen milton oder einen ra-
phael und dergl. geben können; habe aber
diesen angesehenen Mann gewählt, der sich
bekanntlich jetzt in London als Gesandter von
der Pforte befindet, weil seine Heimath dem
Caucasus näher liegt, von welchem die ganze
[[26]] Rasse den Nahmen hat, und in dessen Nach-
barschaft sie wahrscheinlicher Weise ursprüng-
lich zu Hause gehört.
Das schöne Englische Kupfer wovon dieses
copirt ist, hat der jüngere schiavonetti nach
einer Zeichnung von w. miller in gehämmer-
ter Manier gearbeitet.
Der allgemein bekannte Otaheite (oder eigent-
lich von Ulietea) der ehedem eine Art von
Page bey der Königinn oberea gewesen, den
dann Cptn furneaux A. 73 nach London, und
Cptn. cook auf seiner letzten Reise A. 79 wie-
derum in sein Vaterland zurück gebracht, wo
er einige Jahre nachher gestorben.
Weniger halte ich es für einen Beweis
seiner Gelehrigkeit, dass er in Kurzem bewun-
dernswürdige Fortschritte im Schachspiel machte,
als dass er den feinen Londner Weltton sehr
bald so gut angenommen hatte, dass der be-
rühmte Dr. johnson, da er einst mit ihm in
[[30]] Gesellschaft speisste, und o-mai neben Lord
mulgrave dem Dr. gegen über an der Fenster-
seite sass, so dass diesen das Licht blendete,
er, seinem eignen Geständniss nach, bey der
Eleganz von o-mai's Manieren, ihn anfangs
nicht von dem Lord unterscheiden konnte.
So wohl es aber auch dem guten Otahei-
ten in London ward, so sehnte er sich doch
herzlich wieder nach seinem glücklichen Him-
mel und nach dem dulce natale solum seiner
gepriesenen Insel. Er sagte davon einst kurz
vor seiner Abreise zu einer Englischen Dame:
‘“Zwar giebt es bey mir keine Pferde und kein
Franz-Obst und keine Thee-Tische: – ach
Miss ich gehe ohne das alles, und – doch
werde ich dort froh seyn!”’
Sein Bild ist von dem vortrefflichen grossen
Blatt genommen, das jacobe nach dem Origi-
nal-Gemählde von Sir joshua reynolds ge-
stochen hat.
Von diesem auch durch seine Predigten und
andere Schriften so er in lateinischer und hol-
ländischer Sprache herausgegeben, bekannten
Neger, habe ich im 1ten Theil der Beyträge
zur Naturgeschichte S. 99 u. f. Nachricht gege-
ben, wo ich überhaupt genug Beyspiele von
talentreichen Negern, zumahl von solchen die
sich als Schriftsteller ausgezeichnet, aufgestellt
habe. – Erst kürzlich erhielt ich von einem
Freund aus Philadelphia zwey Calender, für
1794 und 95, die ein dort berühmter Neger,
Herr benj. bannaker calculirt hat, der sich
[[34]] seine astronomischen Kenntnisse, ohne münd-
liche Unterweisung, bloss durch eignes Stu-
dium von ferguson's Werken und unsers tob.
mayer's Tafeln u.s.w. erworben.
Herr jac. mac henry zu Baltimore hat
eine Nachricht von den Lebensumständen des-
selben drucken lassen, und sieht, wie er sich
darin ausdruckt, ‘“diesen Neger als einen neuen
Beweis an, dass sich die Geistesfähigkeiten
nicht eben nach der Hautfarbe richten.”’
Das Original von Herrn capitein's Bilde
hat p. tanié nach p. van dyk gestochen.
Eine der allermerkwürdigsten und schon seit
einer guten Reihe von Jahren wenigstens in
manchen Ländern von Europa nicht unbekann-
ten und doch in unsern neuern Zoologien noch
fast unberührten Hunderassen, deren auffal-
lende Eigenheiten im Handbuch der Naturge-
schichte angegeben sind.
Wann und von wannen aber diese Hunde
zuerst nach Neufundland gekommen, darüber
kann ich noch keinen befriedigenden Aufschluss
auffinden. Dass sie bey der ersten Niederlas-
[[38]] sung der Engländer A: 1622 noch nicht als solche
dort einheimisch gewesen, schliesse ich aus des
wackern Cptn rich. whitbourne's eben so clas-
sischen als äusserst seltnen Discourse and Disco-
very of New-found-land; published by Autho-
rity. Lond. 1622. 4. worin er S. 8. unter den
dort einheimischen Thieren den Wolf, aber
nicht den Hund nennt; und hingegen gleich
nachher sagt, dass sein eigner Bullenbeiser
(mastiffe-dogge), von welcher Art Thiere (wie
er ausdrücklich hinzusetzt) sonst dort zu Lande
keins noch gesehen worden, sich mehrmahlen
unter die dasigen Wölfe gemacht und mit ihnen
zu Holze gezogen, 9 bis 10 Tage bey ihnen
geblieben, und dann unversehrt wiederum zu-
rück gekommen sey.
Die Zeichnung ist nach dem Leben von
einem den ich besitze.
Nach einer köstlichen Tabula anecdota die
camper kurz vor seinem Tode nach seiner mei-
sterhaften Handzeichnung auf einem einzelnen
nicht ins Publicum gekommenen Blatte von
rein. vinkeles stechen lassen.
Die Verschiedenheit im Totalhabitus die-
ser beiden Schedel, zumahl aber in Rücksicht
des Gebisses, fällt von selbst in die Augen.
Das Africanische Rhinozer hat keine Vorder-
zähne, sondern vorn am Gaumen nur ein ganz
kleines und blindes os intermaxillare.
Beym Asiatischen hingegen ist dieser be-
rühmte Knochen grösser und fasst zwey kurze
stumpfe Vorderzähne, der Unterkiefer aber
zweye von fast Pfriemenartiger Gestalt. Auch
reichen bey diesem die Backenzähne nicht so
weit vor als bey jenem, sondern sind durch
einen ansehnlichen leeren Zwischenraum von
den Schneidezähnen getrennt.
Folglich müssten nach dem linnéischen
System, wo die Säugethiere nach dem Bau des
Gebisses geordnet sind, diese beiden, einander
übrigens so ähnliche Geschöpfe, in zwey ganz
verschiedene Ordnungen von einander versetzt
werden, Das Africanische müsste unter die
Bruta, das Asiatische unter die Glires.
Der grüne Neu-Seeländische Baumläufer.
Nach einer Handzeichnung von g. forster.
Meines Wissens noch in keinem Werke ab-
gebildet.
Auf Neu-Seeland: ohngefähr von der Grösse
einer Drossel: hat eine sehr melodische Stimme.
Die Purpur-Röthe der Federchen um die
Schnabelwurzel soll zufällig seyn, und von dem
Blumenstaube mancher röhrenförmigen Blüthen
herrühren, in welchen der Vogel Honigsaft oder
Insecten sucht.
Die allverheerende Termite oder sogenannte
weisse Ameise.
1. a Ein Männchen in natürlicher Grösse.
2. a Ein geschlechtloser Arbeiter (Spado)
in natürlicher Grösse.
3. Ein Weibchen im geflügelten Zustande,
um etwas vergrössert.
4. Ein trächtiges Weibchen, das bald legen
will, in seiner natürlichen un-
geheuren Grösse.
Ich verdanke eine vollständige Folge dieser
berufnen Geschöpfe der Güte des Herrn Ritter
banks, der sie von dem vortrefflichen Geschicht-
schreiber derselben, dem Dr. könig aus Tran-
kebar erhalten, welcher auch seinen Nachrichten
von denselben (im 4ten B. der Beschäftigungen
der Berlinischen Gesellschaft naturf. Freunde)
Abbildungen derselben, nur gerade keine von
dem merkwürdigsten von allen, nämlich von
der colossalisch-trächtigen Mutter-Termite,
beygefügt hat.
Aus dem 71ten Bande der philosophical Trans-
actions.
Das prodigiose dieser Gebäude ergibt sich
schon aus der Vergleichung ihrer Grösse mit-
telst des darunter gesetzten Fussmasses, mit der
winzigen Statur ihrer Erbauer, die nämlich nur
um wenig grösser sind, als die Ostindischen
auf dem vorigen Blatte.
Die Einrichtung dieser Gebäude überhaupt
ist im Handbuch der N. G. beschrieben.
Im Verticaldurchschnitt auf dem Kupfer
ist besonders die unten (über dem 11ten Fuss
des Massstabs) etwa 1 Fuss hoch über der Grund-
linie, in die queer laufende Zelle der Mutter-
Termite zu bemerken.
Die grossen runden Mündungen in den
dicken Thonwänden des Gebäudes, sind Durch-
schnitte der schräg durch dieselben laufenden
Hauptgänge, theils vom Caliber einer grossen
Kanone.
Die beiden nicht schattirten fast wie eine
6 geformten Bogen unten auf dem Boden des
Innern Gewölbes, sind brückenartige Verbin-
dungsgänge zwischen den über der Mutter-
Zelle befindlichen Wohnungen und denen in
den innern säulenförmigen Abtheilungen.