So endloss vielförmig die Monstrositäten seyn
können, deren Studium überhaupt für die phi-
losophische Naturgeschichte der organischen
Körper von fruchtbarster Wichtigkeit ist, so
lassen sie sich bekanntlich doch sammt und
sonders unter vier Classen bringen, je nachdem
entweder A) Gliedmassen widernatürliche Bil-
dung (fabricam alienam); oder aber B) eine wi-
dernatürliche Lage (situm mutatum) haben; oder
C) äussere Theile mangeln (defectu); oder end-
lich D) welche überzählig sind (excessu).
Dass zuweilen mehr als Eine dieser Haupt-
arten bey einer Missgeburt zusammen verbun-
den seyn können, versteht sich von selbst.
Äusserst selten und merkwürdig ist es aber,
[[6]] wenn sich, wie hier an dem in meiner Samm-
lung befindlichen Kopfe eines vor zwey Jahren
in einem benachbarten Dorfe geworfnen, übri-
gens natürlich gebildeten Ferkels, alle viere am
gleichen Individuum folgender Massen beysam-
men finden:
zumahl in den beiderley Kiefern, und
dem sonderbar gefransten Zungenrande.
im Cyclopen-Auge und dem ungepaar-
ten obern Vorderzahne, der in dem be-
weglichen Rudiment eines Intermaxil-
larknochens sitzt.
der Nasenlöcher und überhaupt des
Rüssels.
drey Augenlieder vor Einem Augapfel.
Nach einem lebendigen Exemplare, das ich
seit einigen Jahren durch die Güte des Herrn
Dr. Albers in Bremen, besitze.
Das artige Geschöpf bat vielseitige Ähn-
lichkeit mit mancherley andern Thieren. So
z.B. in der Form des Kopfs mit dem Fuchs
(dem es auch in der Grösse nahe kommt) da-
her es bey Ray vulpi affinis heisst; im Gang
und Mechanismus der Hinterfüsse mit dem Bä-
rengeschlecht, dem es auch von Linne zuge-
sellt worden; im ganzen Naturell und Betra-
gen, wie Büffon schon anmerkt, mit den Ma-
kis, zumahl mit dem Mongus.
Den freylich nicht ganz expressiven Nah-
men Waschbär hat dieses animal omniuorum von
[[10]] dem eignen Geschick, womit es mancherley
Futter aus dem Wasser fischt, auch gern darin
plätschert. Doch kann es auch das Wasser
Tage lang entbehren, und lässt sich überhaupt
auch oft trockenes Futter wohlschmecken, ohne
es immer vorher einzuweichen oder abzu-
waschen.
Es gehört wohl zu den sehr wenigen ei-
gentlichen Quadrupeden, die so wie der Mensch
und die Quadrumanen den Sinn des Tastens
besitzen, da es mit der ausnehmend feinen
weichen Haut seiner Vorderpfoten die kleinsten
Krumen, Knöchelchen u.s.w., ohne sie zu
sehen, exploriren und unterscheiden kann.
Die wenigen und zur Zeit noch sehr unvoll-
ständigen Nachrichten, die seit etwa zwölf
Jahren von dieser merkwürdigen Indischen Gat-
tung des Ochsengeschlechts bekannt worden,
haben besonders desshalb die allgemeine Auf-
merksamkeit der Naturforscher erregt, weil man
in diesem Geschöpf das Urbild zu manchen
der ungeheuern fossilen Ochsenschedel zu er-
kennen glaubt, die, zumahl in einigen Gegenden
von Sibirien, zugleich mit Elephanten- und
Rhinocerknochen gefunden werden.
Der Arni lebt in den gebirgichten Gegen-
den von Nord-Hindostan, soll von der Spitze
der Hörner bis auf den Boden 14 Fuss hoch,
von schwarzer Farbe seyn, und in der Bil-
[[14]] dung auch Manches vom Hirsch und vom
Pferde haben.
Ein Junges, das durch Zufall im Ganges
unterhalb Calcutta gefunden worden, hat auf
15 Centner gewogen.
Den Schedel besitzt Herr Baronet Banks,
dessen gütiger Mittheilung ich gegenwärtige
Abbildung verdanke.
Ich hatte in einem der vorigen Hefte (– IV.
tab. 34. –) die Abbildung eines schon zwölf
Tage lang bebrüteten Hühnchens gegeben; hier
liefere ich die aus einem weit früheren Termin,
besonders um daran das punctum saliens des
dann noch weit von seiner nachwärtigen Aus-
bildung entfernten Herzchens, und die carina
des um die Zeit auch noch sonderbar geform-
ten Rückgrats zu zeigen. Beyde Blätter zu-
sammen werden hinreichend seyn, um deut-
liche Vorstellung von den wichtigsten Geschäf-
ten und Veränderungen zu geben, wodurch die
Oeconomie und Ausbildung des bebrüteten Vo-
gels so höchst merkwürdig und lehrreich wird.
Die Vorstellungen sind vergrössert, denn
das Hühnchen selbst hat zu Anfang des fünf-
ten Tages nur etwa die Grösse einer Werkbiene.
a.b.c. Das stark gekrümmte Rückgrat, als
so genannte carina.
f. Die aufsteigende Vene, und g. die herab-
steigende, die dann zusammen die vena termi-
h. Das dann noch sehr kleine chorion.
Das Herzchen als dreyfaches punctum sa-
liens ist in der untern Figur noch stärker ver-
grössert.
i. Das dann noch gemeinschaftliche Herzohr
mit seinen Venenstämmen.
Ausserdem ist unter andern auch im Auge
die nach unten gespaltene Regenbogenhaut zu
bemerken.
Eine neue Gattung von so genannten Bart-
vögeln, von welcher wenigstens noch keine
ausgemahlte Abbildung bekannt ist. Eine
schwarze hat Hr. Sparrmann nebst seiner Be-
schreibung in den Vetensk. acad. nya Handl.
von 1798. gegeben. Er bestimmt ihn als B.
niger; linea supra et sub-oculari, iugulo pecto-
reque luteis, alis flauo striatis, abdomine fusco.
Der Vogel hat die Grösse des Buchfinken,
und findet sich in Sierra Liona.
Die Abbildung ist nach der meisterhaften
colorirten Original-Zeichnung des berühmten
englischen Künstlers Hrn. J.W. Lewin verfer-
tigt, der sich schon durch seine beyden Pracht-
werke über die Ornithologie und Insectologie
von Grossbritannien verdient gemacht, vor fünf
[[22]] Jahren aber aus Eifer für die Erweiterung der
Naturgeschichte, und nahmentlich der eben ge-
dachten beyden Felder derselben, nach Neu-
Südwallis gegangen, um seinen Fleiss und
seine Talente der so fremdartigen wunderrei-
chen Schöpfung jenes fernen Welttheils zu
widmen.
Das Schildkrötengeschlecht überhaupt dient,
meines Bedünkens, zu Einer Instanz statt vieler
gegen die so oft gepriesene Stufenfolge in der
Natur nach den Übergängen der äussern Form
ihrer Geschöpfe.
Hingegen hält es bey den einzelnen Gat-
tungen dieses gleichsam isolirt stehenden Ge-
schlechts oft schwer, sie durch scharf bestimmte
specifike Charaktere zu bezeichnen, da der Bil-
dungstrieb bey ihnen minder constant zu seyn,
sondern leicht in allerhand individuelle Ausar-
tungen zu variiren scheint.
Hier diese, die ich ebenfalls durch die Ge-
fälligkeit des Hrn. Dr. Albers erhalten, ist
von Mogadore auf der Küste von Maroko, und
hat im Ganzen die mehrste Ähnlichkeit mit
der T. graeca, kommt aber doch in einzelnen,
freylich aber nur relativen, Verschiedenheiten
den verwandten Gattungen von T. graia, mar-
ginata und tabulata nahe.
Die um etwas verkleinerte Abbildung (denn
der Schild ist in der Natur fünf Zoll lang) ge-
hört zu den sehr wenigen, wo auch Kopf und
Füsse dieser Thiere recht nach dem Leben ge-
treu dargestellt sind.
Wahrend der ganzen Zeit von drey vier-
tel Jahren, da ich das unschuldige Geschöpf
lebendig gehabt, hat es, ungeachtet ihm Alles
angebothen ward, was Haus und Garten ver-
mochte, doch nie etwas von selbst gefressen,
und in den letzten drey Monathen (vom No-
vember bis Februar) eine wunderbare vitam
minimam gelebt, die sich ausser der langsamen
Locomotivität bey fest geschlossenen Augenlie-
dern, nur durch den einzigen Sinn des Ge-
fühls (zumahl für Warme und Luftzug) äusserte.
Und doch fand ich nach seinem Tode die Mus-
keln so fleischig und frischfarbig, als bey der
bestgenährten Schildkröte. Der Schwanz war
immer versteckt, seitwärts nach dem rechten
Schenkelkopf zu, unter der Schale zusammen
geschlagen.
Franklin definirte den Menschen kurz und
gut als a toolmaking animal. Er sey das ein-
zige animal instrumentificum das sich frem-
der Werkzeuge zu Stillung seiner Bedürfnisse
bediene.
Die Frage wäre nur, ob sich diess wirklich
von keinem andern Thiere sagen liesse. Und
freylich wird wenigstens etwas ähnliches auch
von der hier abgebildeten Ostindischen Krabbe
behauptet, bey welcher, so wie bey einigen andern
ihr verwandten Gattungen, die beyden kleinsten
Paare von ihren acht Beinen hinten nach dem
Rücken zu stehen, und dem Thiere dazu dienen
sollen, allerhand dazu passende schirmförmige
Seegewächse, leere Muschelschalen u.s.w. da-
mit zu fassen, um mit diesen seine Nah-
[[30]] rung, nämlich kleine Krebse und Fische, zu
fangen.
Die nur etwas Weniges verkleinerte Zeich-
nung ist nach einem vorzüglich schön erhalte-
nen Exemplare verfertigt, das ich der Güte des
Hrn. Hofr. Hellwig in Braunschweig verdanke.
Eins der merkwürdigsten auffallendsten Bey-
spiele zum Erweis, wie schwer es hält, die
Naturgeschichte selbst von noch so ungereimt
ten Fabeln zu reinigen, wenn diese einmahl
nicht nur zum allgemeinen Volksglauben, son-
dern auch durch die Autorität der Herren von
der gelehrten Bank sanctionirt worden.
Dass man weiland an den Schottischen und
andern Küsten des nordlichsten Europa die hier
abgebildete fünfschalige mittelst eines darmför-
migen Fusses an Treibholz, Schiffswrack u.s.w.
festsitzende Muschel, wegen der fast federför-
migen Gestalt der Fangarme ihres Bewohners,
für das Ey einer Äntenart halten konnte, die
sich in Menge an den gleichen Küsten findet,
die aber Niemand daselbst nisten oder brüten
gesehen hatte, das ist wohl begreiflich und ver-
zeihlich. Auch selbst, dass verdiente wackere
Naturforscher des XVIten Jahrhunderts dieser
Sage beypflichteten, dass z.B. der classische
[[34]] Ornithologe, W. Turner, desshalb das Zeug-
niss eines biedern Irländischen Geistlichen auf-
stellt, der ihm (per ipsum iurans quod profite-
batur euangelium) die Zuverlässigkeit der Sache
versichert habe; dass der Altvater der englischen
Botaniker, der brave J. Gerard, sich desshalb
auf seine eigenen Sinne beruft (what our eies
haue seene, and hands haue touched) u.d.m.
Dass aber auch noch spät im XVIIten Sec.,
noch siebenzig Jahre, nachdem längst Gerrit
de Veer, (der Gefährte und eben so streng
wahrhafte als allgemein gelesene Reisebeschrei-
ber von Heemskerk’s und Barentsz’s letzter
berühmter Expedition nach Nowaja Semlja) die
ganze Fabel durch die entscheidenden Beobach-
tungen über das Brüten jener vermeinten Wun-
dervögel auf der Bäreninsel, von Grund aus
widerlegt hatte, dass dann noch angesehene
Männer (wie z.B. Jo. Dan. Major , Sr. Robert
Morat u.a.m.) den alten verjährten Wahn
immerfort und umständlich zu behaupten wag-
ten, ist – wir wollen nur sagen – nicht wohl
begreiflich und nicht leicht verzeihlich, aber
für die Geschichte der menschlichen Kenntnisse
und ihrer oft so schwierigen Aufklärung und
allgemeinen Verbreitung gewiss gar lehrreich.
Das schöne Original dieser dickschaligen Ve-
nusmuschel habe ich von der Güte des grossen
Conchylienkenners des Herrn Kunstverwalter
Spengler in Copenhagen erhalten. Inwendig
sind die Schalen an den hier stark schattirten
Stellen veilchenblau, das übrige milchweiss.
Durch diese beyderley Farben und die Dicke
der Schalen selbst, wird diese Muschel vorzüg-
lich zu dem wichtigen Gebrauch geeignet, den
die nordamerikanischen Indianer, nahmentlich
die Irokesen und Delawaren von derselben
machen.
Bekanntlich hat kein eingebornes Volk in
der neuen Welt Buchstabenschrift: aber manche
derselben hatten längst vor Ankunft der Euro-
päer, Surrogate dafür. So z.B. die alten Perua-
[[38]] ner ihre Knotenstriche (Quipos), und so die ge-
dachten nordamerikanischen Wilden noch jetzt
ihre Wampum, d.h., blaue und weisse aus
jener Muschel geschnittene und gebohrte cy-
lindrische Corallen, ungefähr von der Dicke
eines Pfeifenstiels, die nach Verschiedenheit
dieser Farben und der Ordnung und Art wie sie
an Schnüre gereiht und diese theils wieder in
Gürtelform verbunden werden, so bestimmten
Sinn und Bedeutung erhalten, dass sie diesen
so genannten Wilden vollkommen statt schrift-
licher Urkunden bey allen ihren Nationalver-
handlungen, Kriegserklärungen, Friedensschlüs-
sen, Grenzbestimmungen, Bündnissen u.s.w.
dienen; die in Kisten wie in Archiven verwahrt,
von Zeit zu Zeit revidirt, gleichsam durchstu-
diert werden u.s.w.
Da die Nahmen von Encriniten und Pentacrini-
ten für die Versteinerungen zweyer verschiede-
nen Geschlechter von überaus ansehnlichen und
wunderbar gebauten Seegeschöpfen der Vorwelt
oft verwechselt worden, so mag dem im vori-
gen Hefte (– tab. 60. –) abgebildeten Encrini-
ten hier zur Vergleichung ein Pentacrinit fol-
gen; wozu ich überdem eine in meiner Samm-
lung befindliche Gattung in Flözkalkstein aus
Dorsetshire gewählt, die meines Wissens noch
nirgend vorgestellt oder beschrieben worden.
Die Zeichnung der Hauptfigur ist verklei-
nert, da der Stein selbst acht Zoll in die Länge
misst. Die beyden Nebenfiguren hingegen von
[[42]] andern Exemplaren des nämlichen Geschöpfs,
in natürlicher Grösse.
Am nächsten kommt diese Gattung derjenigen
die sich ehedem in dem bituminösen Mergel-
schiefer von Boll im Würtembergischen gefunden,
doch unterscheidet sie sich durch mehrere auffal-
lende Eigenheiten, z.B. durch den scharfkanti-
gen Stengel und dessen Gliederung (– fig. a. –),
durch die Form des Sterns auf der Fläche der
Wirbel desselben, den so genannten Astroiten
(– fig. b. –), so wie durch die zahlreichere
Verästelung der Arme des Körpers, durch die
dichter befiederten Fahnen an den innern Seiten
dieser Arme u.d.m.