Schwerlich wird einer unter unsern Lesern seyn,
dem die neuerliche Behauptung über die Metallisa-
tion der einfachen Grunderden, die seit drey vier-
tel Jahren ein so allgemeines Aussehen gemacht
hat, unbekannt geblieben seyn sollte. Ein paar
Metallurgen in Schemnitz, wovon sich der eine-
schon langst durch nützliche Untersuchungen von ei-
ner vortheilhaften Seite gezeigt hatte, versicherte
seit dem Julius vorigen Jahres dreye jener Erden,
nemlich Die Talk-Schwer und Kalk-Erde zu eben
so vielen eignen Metallen reducirt zu haben: denen
bald darauf ein dritter in chemischen Arbeiten geüb-
ter Gelehrter zu Wien auch noch die Thon-Erde zu,
gesellte, als aus welcher er ebenfalls metallische Re-
gulos erhalten zu haben meldete.
Diese Thon-Erden-Könige sollten nach der da-
von bekannt gemachten Nachricht, eine blättrige
[Seite 47] Textur haben, ihre Farbe noch mehr als beym Ku-
pfernickel ins gelbrothe fallen, einen grauen metal-
lischen Strich auf dem Probirst ein zurücklassen, und
vom Magnet nicht angezogen werden. Ihr specifi-
sches Gewicht sey 6,184.
Der Talk-Erden-König sey von lichtgrauer Far-
be, die sich der eisenhaltigen Platina ihrer nähert;
von kornichten zum Theil gestreiften Bruch; von
größrer Harte, als der Molybdan- und Wolfram-
König; sein specifisches Gewicht 7,380. Er werde nur
in sehr kleinen Stuckchen vom Magnet gezogen,
und sey mit dem Nahmen Austrum belegt worden.
Der Kalk-Erden-König, der Parthenum genannt
ward, sollte an Farbe und Glanz dem von der
Platina ähneln, und sein specif. Gewicht 6,571. be-
tragen.
Endlich der Schwer-Erde-Regulus, der den
Nahmen Borbonium erhalten, sey eisengrau, von
blättrichter Textur, sehr spröde, wenig hart, werde
aber vom Magnet gezogen, und sein specif. Ge-
wicht sey 6,744.
Die Reduction dieser letztern Erdart war unter
diesen Behauptungen freylich die mindstunwahrschein-
liche, da bekanntlich schon vor mehrern Jahren ei-
nige schwedische Chemiker, Hr. Hjelm, Gahn,
und der seel. Bergmann durch eigne Versuche darauf
geführt worden, etwas metallisches in derselben zu
[Seite 48] vermuthen. In Rücksicht der übrigen war freylich
viel unwahrscheinliches, wie z.B. das specif. Ge-
wicht des Talk-Erden-Königs 7,380, da doch der
Talk-Erde ihr eignes Gewicht nur 2,155 ist u.d.m.
Aber freylich ein anders ist unwahrscheinlich, ein
anders unmöglich. Wenn man noch vor zehn
Jahren etwas unmöglich nennen wollte, so nannte
mans ein Luftschiff ein Bild, dessen vermeynte Un-
möglichkeit nun seit 1783 genug widerlegt worden ist.
Und so müßte man lächeln, wenn nun jemand be-
baupten wollte, er habe die Unmöglichkeit der
Reduction der Erden schon à priori eingesehen. etc.
– Hier kams auf Versuche an. – Die hier nun
von einigen claßischen Chemikern angestellt worden,
sind aber nicht zu Gunsten dieser vermeinten Entde-
ckung ausgefallen. Ich liefere hier die Resultate
von denjenigen, die Hr. Bergcommißarius West-
rumb neuerlich darüber angestellt hat, so wie sie
mir von ihm mit der Erlaubniß, davon in diesen
Blättern Gebrauch machen zu dürfen, mitgetheilt
worden sind.
– – Sobald die ersten Nachrichten über diese
neue Entdeckung bekannt wurden (schreibt mir der
Herr B.C.) machte auch ich Versuche. Da mir nun
hie einfachen Erden keine Könige gaben da ich
[Seite 49] im Gegenteil aus Beinasche und Oel, Tiegelpulver
und Oel, Kohlenpulver und Oel, metallische dem
Magnet folgsame Theile erhielt, so fing ich an zu
vermuthen, daß es mit der Metallisation der einfa-
chen Erden wohl nichts seyn möchte, und daß die
Könige, die man zu Schemnitz erhalten hatte, dem
Eisen und Braunstein der Tiegel und der Reduzir-
mittel, und der Phosphorsäure der letztern ihr Da-
seyn zu verdanken hätten. Nur wegen der Schwer-
erde war ich ungewiß, da diese sich aus der Eßig-
säure mit rother Farbe durch Schwefelleber fällen
läßt. –
Indeß erschienen die neuen bestätigenden Ver-
suche des Hrn. von Ruprecht, Tondi und
Tichavsky; aber auch die Gegenversuche des Hrn.
Savarsi, letztre mit Hrn. Klaproths Anmer-
kungen.
Dieß alles feuerte mich vom neuem an, ich un-
ternahm mit Beyhülfe des Herrn Lieutenant La-
sius und der Herren Murray und Bischoff eine
neue Arbeit. Wir erhielten aus der Kalkerde drey
schöne Könige; aus Bittererde (Talkerde) metalli-
sche Spuren; aus Schwererde und Alaunerde (Thon-
erde) aber nichts metallähnliches. Tiegelpulver und
Oel, Kohle und Oel, gaben uns für dießmal nichts
– oder ich suchte vielmehr nicht darnach und be-
endigte diese Arbeit, zu schnell. – Der scheinbar
[Seite 50] glückliche Erfolg jener Versuche reizte meine
Neugier, ich wollte nun Könige in Menge, große
wollte sie von allen Erden haben, wollte sie nach
allen ihren Eigenschaften prüfen. Es wurden da-
her von neuem und zwar nahe an hundert Versu-
che, beym möglichst stärksten Feuer vor dem Geblä-
se angestellt. Bey den ersten Versuchen untersuch-
ten wir auch hier nicht die Tiegel, sondern suchten
immer nur mit der Gierde eines Adepten noch Kö-
nige in den Erden, die denn auch fast immer ge-
funden wurden. Durch bloßes ohngefähr besah ich
indeß einmal einen Decktiegel sehr genau, zerbrach
einen Schmelztiegel, und siehe die ganze Freude,
das schon fast errichtete neue System der Minera-
logie und Chemie ward zu Wasser. – Den hier
fand ich, was ich längst hätte finden können, was
sich an allen vorher gebrauchten Tiegeln auch fand,
und durch alle folgende Versuche bestätigt ward,
die klare Wahrheit: – die Könige kommen
aus den Tiegeln. –
Hier die Hauptresultate dieser Untersuchung
(nebst den dazu gehörigen Belegen in numerirten
Papieren.)
1) Die Decktiegel waren an ihrer innern Sei-
tenfläche mit einem metallischen eisenfarbnen Anflug
überzogen. Sie enthielten dann und wann kleine
schwärzliche Glasperlen, und in diesen, dem Ma-
[Seite 51] gnet folgsame Könige. Es war gleichviel, ob
Erden, Oel und Kohle; oder Tiegelpulver, Oel
und Kohle; oder Kohle und Oel in denselben dem
Feuer ausgesetzt gewesen war.
2) Die Seiten der Schmelztiegel selbst waren
eben so metallisirt, zerbrach man sie, so erblickte
man auf dem frischen Bruch eisenfarbene dem
Magnet folgsame Theile.
3) Diese Theile waren im ganzen Tiegel nicht
überall gleich ausgetheilt, sondern gegen den Bo-
den zu, und im Boden selbst am häufigsten:
überhaupt aber nach der Menge der metallischen
Theile, die gerade dieser Theil der Tiegelmasse ent-
halten hatte, vertheilt.
4) da wo die Erdenmischung mit der Masse
des Tiegels in eins, zu Glas oder Schlacke geflos-
sen war, fanden sich in diesem Flusse, Könige.
5) Es fanden sich in den Seiten der Tiegel
welche die zu schmelzenden Massen enthalten hatten,
und zwar nach der innern Wand zu, Gru-
ben, und in diesen Gruben Könige in einer
glasichten Hülle.
6) die aus den Erden vermeintlich entstandenen
Könige, fanden sich nie im Mittelpunkt der zu-
sammen gebacknen Massen, sondern im-
[Seite 52] mer an den Außenseiten und nahe
an den Wänden der Tiegel.
7) Tiegelpulver und Oel gab größere
Könige als die Erden; Beinasche und
Oel, kleinere; Kohle und Oel zarte dem
Magnet folgsame Metalltheilchen.
8) Die aus den Erden erhaltene Könige waren,
im Verhältnis des Gewichts der Erden win-
zig klein, und stimmten gar nicht mit
dem Verhältnis der Kalke aller
übrigen Metalle gegen ihre Re
gulos, überein.
9) Sie hatten zwar verschiedene Farben, ver-
schiednes Gefüge, verschiedne Größe, folgten
aber alle, nach Reinigung von ihren Hüllen,
dem Magnet.
Ich ging nun von der Idee, die einfachen Er-
den seyen Metallkalke – oder nach der Sprache der
Neuern, oxidirte Metalle – ganz ab, und behau-
ptete gegen alle meine Freunde:
Diese Könige sind nichts anders, als der mehr
oder weniger große Antheil Eisenkalk, den die
Masse der Heßischen oder Ipsertiegel und die
Reduzirmittel enthalten; hergestellt durch das
Oel und die Kohle; ausgesaigert durch das hef-
tige Feuer.
Um indeß dieser dreisten Behauptung das möglichst
größeste Siegel der Gewißheit aufzudrucken, stellte
ich mehrere Versuche in Tiegeln von Fürstenberger
Porcellainmasse an.
Hier gab a) die aufs sorgfältigste gereinigte
Kalkerde; b) die Bittererde; c) die Schwererde und
d) die Alaunerde im 3stündigen Feuer keine Köni-
ge. Und doch waren die Tiegel auf ihrer äußern
Fläche verglaßt, und mit dem Beschlage zusam-
men gefloßen. Auf ihrer innern Seite waren sie
keinesweges, wie alle vorher gebrauchten Schmelztie-
gel, metallisirt, und ohne kleine Gruben: auf dem
frischen Bruche schneeweiß und ohne Theilchen, die
dem Magnet folgen können.
Hingegen gab e) Tiegelpulver von heßischen
Tiegeln, Oel und Kohle, kleinere Könige im
Porcellaintiegel. – Und diese ist meines Bedün-
kens der größte Beweis für die Richtigkeit meiner
obigen Behauptung.
f) Bey einem zweyten Versuche, den ich blos
mit reiner Kalkerde und Bittererde nach Hrn. von
Ruprechts Manier in Porcellaintiegeln anstellte,
und bey welchen die Tiegel den größten Grad der
Hitze tragen mußten, fanden sich in beyden Erden
kleine, dem Magnet folgsame Metalltheilchen. Dieß
könnte, uns verleitet haben, die Metallisirbarkeit
[Seite 54] der Erden für möglich zu haften, wenn
nicht
1) Diese Metalltheilchen, die ich mit aller Sorg-
falt durch den Magnet und Eßig von den ankle-
benden Erden gereinigt hatte, sich durchaus wie
Eisen verhalten hätten, dem etwas Phosphorsäure
anhing:
und wenn nicht 2) bloßer Kohlenstaub mit Oel
gemischt und im Porcellaintiegel dem Feuer ausge-
setzt, sich eben so verhalten und Metalltheilchen
durch den Magnet hätte aus sich absondern lassen.
Diese Erfahrungen berechtigen mich ja wohl zu
folgern daß die bey f) erhaltene Metalltheilchen
nichts weniger als reduzirte Erden, sondern
Das Eisen der Braunsteine und die Phosphor-
säure der Kohle, welche ich den Erden zusetzte,
seyn müße, die bey der heftigen Hitze aus
der Kohle gesaigert werden.
Aus allen diesen Versuchen folgere ich aber über-
haupt:
Daß die vermeynten neuen Metalle nicht in
den Erden, sondern in den Tiegeln und den
Reduzirmitteln zu suchen sind, und daß ihre
scheinbare Verschiedenheit, in Farbe, Gefüge
[Seite 55] und daß manche vom Magnet gezogen werden,
andre nicht, von der Verschiedenheit des Me-
tallgehalts dieser Reduzirmittel und der Ver-
schiedenheit der metallischen Erden in der Koh-
le, die sich dem Eisen der Tiegelmassen beymi-
schen, zu suchen sey.
Ich weis nur zu gut was man der Behauptung,
daß ein Theil des Metalls aus der Kohle gesaigert
werde, entgegen setzen kan. Die Kohle verbrenne
ja im Verschloßenen nicht, und das Metall, das zu
ihrer Mischung gehört, könne daher nicht reduzirt,
nicht ausgesaigert werden. Aber Erfahrung diente
noch immer zur Wiederlegung blos hypothetischer
Einwürfe. Dieß ist auch hier der Fall. Verbrennt
übrigens die Kohle nicht, so verbrennt auch Oel
im Verschloßenen nicht, und wie sollte die Redu-
ction der Erden durch die angenommene Wegnahme
des Oxigens, Bildung der Luftsäure aus diesen
und der Carbonne – nach der Sprache der Neue-
ren – hier vor sich gehen können, ohne Verbren-
nung, Verzehrung der Carbonne des Oels. Kan
aber die eine Kohle verbrennen, so kan es die an-
ders auch u.s.w.
Seitdem habe ich noch eine Menge Versuche mit
allen Erdarten in porcellainen Pfeifenköpfen ange-
stellt. Diese wurden in Kohlenpulver gepackt, und
[Seite 56] vor das Gebläse gebracht. Die Erden lieferten kei-
ne Könige; dagegen fanden sich im Kohlenstaube, der
die Köpfe umgab, und in den äussern Tiegeln an-
ziehbare und nicht anziehbare Könige. Ich
habe ferner die anziehbaren sowohl, als die nicht
anziehbaren Metalltheile chemisch geprüft, und in
jenen lauteres Eisen, in diesen aber phosphorsau-
res Eisen gefunden.
Die weiße Farbe, mit welcher das letztre aus der
Vitriolsäure durch Wasser, und aus andern Säu-
ren durch die Vitriolsäure gefällt wird; und die
weiße Farbe, die das Wassereisen vor der völligen
Auflösung in Vitriolsäure, annimmt, mag zu
der Täuschung Anlaß gegeben haben, das Wasserei-
sen für Selenit anzusehn. Ich lege Ihnen eine
Probe dieses vermeinten Selenits bey. Ein Körn-
chen desselben wird vor dem Lothrohr in der Kohle
sogleich zum vorgeblichen Kalkerden-König me-
tamorphosirt werden.