Seit einigen Monaten bin ich im Besitze die-
ses wonder of all the Land-animals wie
es Lawson nennt, das ich der Güte eines mei-
ner Amerikanischen Freunde, des Hrn. Dr. Tidy-
man zu Charleston in Süd-Carolina verdanke.
Es hat die Größe einer mittelmäßigen Katze.
Die Form des Kopfs wie beym Fuchs, doch die lange
Schnauze und die nackte fleischfarbene fast Rüßelartig
aufgeworfene Nase, ohngefähr wie an einem Ferkel.
Die Oeffnung des Rachens sehr weit; der Unter-
kiefer merklich kürzer als der obere; und die obern
Eckzähne auch bey geschloßnem Maule sichtbar.
Der Kopf ist weiß, hat nur einen schwachen
schwärzlichen Strich längs der Stirne, und eben
so schwärzlich ist die Stelle vor den vordern
Augenwinkeln nach der Schnauze zu. Zu beiden
Seiten derselben und besonders an den Backen,
stehen zahlreiche lange Barthaare. Die Augäpfel
sind klein, aber ihre Hornhaut nach Verhältnis
sehr groß und starkgewölbt so daß fast nichts vom
Weißen im Auge zu sehen ist, was dann dem
Thier bey der schwarzbraunen Farbe des Aug-
[Seite 684] sterns einen lebhaften Blick giebt. Vom sogenan-
ten Blinzhäutchen ist so wie bey den Quadru-
manen kaum ein Rudiment merklich. Die Ohren
sind groß, schwarz, unbehaart, dem Anschein nach
bloß membranös, ohne dazwischen liegenden Knorpel,
also fast wie bey den Fledermäusen: und bey meinem
Thiere ohne den weißen Saum, den andre dieser Gat-
tung zuschreiben.
Der Hals ist kurz und dick; so auch der
wohlbeleibte und stark behaarte Rumpf. Zumal
auf dem Rücken ist das Haar lang und struppicht,
fast wie beym Dachs; von Farben weiß mit schwarz
melirt, um die Schultern am dunkelsten.
Am Bauche wird der merkwürdige Zitzensack
durch seine Erhabenheit merklich; zumal da wo die
sonderbaren ossa masupialia oder cornua pelvis
abdominalia darunter liegen: die Stelle seiner
Oeffnung aber nur durch eine enge longitudi-
nelle Spalte bezeichnet.
Der Schwanz hat ohngefähr die Länge des
ganzen übrigen Körpers; er ist fast unbehaart,
so quasi schuppig wie bey der Ratte; aber eine
wahre cauda prehensilis.
Die Vorderarme und Unterschenkel sind schwarz,
zartbehaart; die Zehen nackt und fleischsarb. An
den Hinterfüßen sind frey abstehende Daumen,
[Seite 685] mit einem kleinen flachen Nagel; an allen übri-
gen Zehen hingegen Krallen, von weißer Farbe.
Eine nach dem Leben verfertigte Zeichnung
des Thiers findet sich im VIten Heft meiner Ab-
bildungen naturhistorischer Gegenstände Tab. 54.
Es ist ein wahres animal omnivorum das
mit jeder Hausmannskost vorlieb nimmt. Unter
dem Obste liebt es vorzüglich Zwetschen, und
unter andern Speisen nächst dem Fleisch von
Geflügel und Wildpret, besonders Bouillonsuppe.
Es kaut sehr bedächtlich und mit lautem Schma-
tzen: faßt die größern Stücke sehr geschickt mit
den Vorderpfoten, und weiß sich auch dieser
Pfoten mit viel Adresse zum putzen der Schnauze
zu bedienen, wobey es auf den Hinterbeinen sitzt
wie ein Eichhorn.*)
Seine Stimme die es selten, eigentlich nur
wenn es zum Zorn gereizt wird, hören läßt, ist
ein schwaches Grunzen. Es säuft wenig, zuwei-
[Seite 685] len in mehrern Tagen gar nicht. Harnt auch sel-
ten und eben so selten giebt es bey übrigem vollen
Wohlbefinden seinen Darmunrath von sich, ge-
wöhnlich nur alle 4 oder 5 Tage einmal: thut
aber keins von beyden in seinem Lager sondern
steigt jedesmal deshalb in eine Nebenabtheilung
seines Kastens. Es hält sich überhaupt sehr
reinlich und ist im Ganzen ein gar gutmüthiges
stilles Geschöpf; langsam und gleichsam bedächt-
lich in allen seinen Bewegungen; und von so
dauerhafter Constitution daß man in Amerika zu
sagen pflegt: wenn nach dem Sprichwort die
Katzen ein neunfaches Leben haben, so hat das
Beutelthier ein 19faches.
Seine übrige Naturgeschichte gehört nicht
hieher. Zudem ist schon manches davon in dem
vorhergehenden Magazin*) befindlich.
Nur ein paar Worte aus der Litterargeschichte
über die allerersten Nachrichten und Abbildungen
die nach der Entdeckung der neuen Welt von die-
sem wunderbaren Thiere in Europa bekannt ge-
worden sind, mögen hier noch ihre Stelle finden.
Der Erste der desselben erwähnt, ist meines
Wissens Vinc. Pinzon, des großen Colons
[Seite 686] vorheriger Gefährte auf seiner ersten Entdeckungs-
reise. Diese Notiz steht unter andern in der
Herwagischen Sammlung (Novus orbis) S. 121.
der ersten Ausgabe von 1532.*)
Auch ist schon zu Ende des 15ten Jahrhun-
derts eins lebendig nach Sevilla und von da an
den König nach Granada gebracht worden.
Da hat es Peter Martyr todt gesehen
und zuerst genauer, und fürwahr ganz wacker
beschrieben, als ein monstrosum animal,
vulpino rostro, cercopithecea cauda; ve-
spertilioneis auribus, manibus humanis,
pedibus simiam aemulans etc.
Den Namen Simivulpa hat ihm Gylli
zuerst beygelegt (in seinem Aelianus 1535. 4.
S. 209.) und Gesner denselben dann adop-
tirt.
Die allererste (freylich noch ganz fehlerhafte)
Abbildung desselben die mir bekannt ist, findet
sich in des unglücklichen Servet Ausg. vom
[Seite 687] Ptolemäus 1535 gr. Fol. auf Tab. 28 von
der Ostküste von Terra firma mit der Bey-
schrift: Reperitur hic animal habens reser-
vaculum quo suos pullos secum po tat et
eos non nisi lactandi tempore emittit.
(– Das war also ganz misverstanden –)
Tale regi hispanie Granate oblatum est.
Die erste, wenigstens im Ganzen leidliche
Abbildung giebt hingegen Nierenberg S.
156. – abgerechnet freylich das unnatürlich
lockichte Haar und die ganz verzeichneten Hinter-
füße.
*) Auch ist es so wie dieses und wie so viele andere
Beschlechter von Säugthieren die mancherley freye
Bewegungen zu besonderm Gebrauch mit ihren
Vorderpfoten machen müssen, zu diesem Behuf
mit Schlüsselbeinen versehen.
Voigts Magazin für das Neueste aus der Phy-
sik, V. B. 2. St. S. 29. und VI B. 4. St. S. 107.
Diese überaus seltne Editio princeps ist wie ich
sehe, selbst neuern großen Kennern der Literatur
von Reisebeschreibungen unbekannt gewesen. Ich
besitze sie durch die Güte des Hrn. Baronet
Banks.