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J.H. Voigts
Magazin
für den neuesten Zustand
der
Naturkunde
,
mit Rücksicht auf die dazu gehörigen
Hülfswissenschaften.

Vierten Bandes
Viertes Stück
.

Weimar,
im Verlage des Industrie-Comptoirs
1802
.

21.
Ueber den Basler Taufstein. Von
Hrn. Christoph Bernoulli Dr.
der Philos.

[Seite 524]

Aus einem handschriftlichen Aufsatz, den der
Hr. Dr. der physicalischen Gesellschaft zu Göt-
tingen vorgelegt.

Vermuthlich ist der um das solidere Studium
der Mineralogie so unendlich verdiente Cron-
stedt
, der erste der in seinem classischen Försöck
til Mineralogie
(Stockholm 1758. 8. pag.
70) einer Abart von röthlichbraunem Schörl, bey
welcher immer zwey Krystallen einander durch-
kreuzen, unter dem seltsamen Namen von Ba-
selske Tauffstein
gedenkt. Seitdem ist aber die-
ses Fossil in so manchen mineralogischen Schrif-
ten verkannt, mit ganz fremdartigen verwechselt
worden, daß es sich sehr der Mühe lohnte, ihm end-
lich durch eine genaue Charakteristik seine bestimmte
Stelle wieder im System anzuweisen. Hr. Dr.
Bernoulli benutzte zu diesem Behuf die gün-
stige Gelegenheit, da er in der reichen Samm-
lang des würdigen Hrn. Prof. d’Annoni zu
Basel sehr oft eins der schönsten Stücke dieses
[Seite 525] Fossils unter Augen hatte, von welchem gerade
die mehrsten, nur oft unrichtigen, Notizen davon
ins Publicum gekommen waren.

Es ist dieß eine ungefähr 8 Zoll lange und
5 Zoll breite Platte von aschgrauen sehr feinblätt-
rigem Glimmerschiefer, in welcher über 30 roth-
braune, etwas flache Säulenförmige Krystallen
aufliegen, von welchen aber fast immer zwey und
zwey einander unter schiefen Winkeln mehr oder
weniger deutlich durchkreuzen, so daß sie dann zu-
sammen Zwillingskrystalle in der Form eines soge-
nannten Andreaskreuzes bilden. Jeder einzelne
Krystall besteht aus einer schmalen, wie gesagt
etwas flachen sechsseitigen Säule mit zwey brei-
tern und vier schmälern Seiten, die an beyden
Enden mit brey Flächen zugespitzt sind. Diese
Krystalle sind einen, bis 1½ Zoll lang und drey
bis 4 Linien breit. Ihre äußere Oberfläche ist
wenig glänzend. Der Bruch dicht und uneben.
Auf den Magnet wirken sie nur sehr schwach;
Electricität aber zeigen sie gar nicht. Sie ritzen
in Glas; geben am Stahl lebhafte Funken; und
sind, gegen Kerzenlicht gehalten, nicht einmal an
den Kanten durchscheinend.

Aus dieser ganzen Charakteristik ergiebt sich,
daß diese so berufenen Basler Taufsteine nichts
[Seite 526] mehr und nichts weniger sind, als Zwillingskry-
stalle von demjenigen Fossil das Saussüre und
Struve mit dem Namen Granatit bezeichnet
haben. Auch haben jene mit diesem einen und eben-
denselben Fundort, nämlich Val Piora am St.
Gotthard. Nie ist hingegen im Canton Basel
ein Stück davon gebrochen, noch auch nur da zu
erwarten. Auch findet er sich außer der d’Anno-
nischen in keiner andern Basler Sammlung und
ist im Ganzen dort so unbekannt, geschweige
daß sich nur eine Spur auffinden ließ, daß und
wie oder wann er je bey der Taufe gebraucht wor-
den seyn sollte, daß es durchaus noch ein Räthsel
bleibt, wie in aller Welt er zu seinem wunder-
lichen Namen gekommen seyn mag.

Anmerk. d. Herausg.

Eine Abbildung dieser Basler Taufsteine, die wir in
einer Originalzeichnung von der Güte des Hrn. Hof-
raths Blumenbach, welcher auch den vorge-
henden Aufsatz mitgetheilt hat, erhalten haben, ist
Taf. VIII. Fig. * enthalten.


[Tab. VIII]
Taf. VIII.xxx


Blumenbach, Johann Friedrich. Date:
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