Von der wichtigen Sendung dieses unsers
talentvollen und unternehmenden Landsmanns und
den naturhistorischen Bemerkungen, die er schon
auf seiner Reise nach Aegypten und während sei-
nes dasigen Aufenthalts zu machen Gelegenheit
gehabt, sind bereits in den beyden ersten Bänden
dieses Magazins Nachrichten mitgetheilt worden.
Jetzt heben wir nun aus dem reichhaltigen Werke,
das wir vor uns haben, das für diese Zeitschrift
gehörige aus, was er auf dem überaus merkwür-
digen Theil seiner fernern Reise, den er mit der
Caravane von Cairo nach Murzuck gemacht,
[Seite 663] theils selbst beobachtet, theils durch sorgfältige
Erkundigung erfahren. Vorzüglich wichtig ist die
Aufhellung, welche die Geologie dieses großen,
bis dahin so wenig gekannten Erdstrichs, des
nördlichen Africa, dadurch erhalten hat. Um
sich die Uebersicht davon zu erleichtern, darf man
nur auf jeder neuern Karte dieses Welttheils die
Strecke zwischen Cairo und der genannten Haupt-
stadt von Fezzan in vier große Stationen theilen,
nämlich a) von Cairo bis Siwah, wo Horne-
mann, so wie vor ihm Browne, nach größter
Wahrscheinlichkeit die Ruinen des famosen Am-
monstempels gefunden hat. b) Von den nach
Augila, das ungefähr in der Mitte zwischen Cairo
und Murzuck liegt. c) Weiter bis zur schwarzen
Harutsch (Felsenwüste) und so d) bis Murzuck.
Beydes, Siwah und Augila, sind die Haupt-
orte zweyer Oasen oder fruchtbarer Inseln mit-
ten auf öden Sandmeeren. Und die schwarze
Harutsch eine Basaltgegend, die vermuthlich
einst durch Erdbrand ihr jetziges schaudervolles
und tristes Ansehen erhalten hat.
Nun zu den einzelnen naturhistorischen Be-
merkungen, die sich unserm wackern Reisenden auf
diesen vier Hauptstationen dargebothen haben.
Auf halben Wege zwischen Cairo und Siwah
befindet sich auf einer beträchtlichen Anhöhe ein
Salzlager, dessen Länge unabsehbar ist; seine
Breite beträgt einige (englische) Meilen. Es hat
das Ansehn eines frisch gepflügten Ackers, weil
der Sand, welcher über demselben liegt, durch
die Salzschollen emporgehoben ist und diese al-
lenthalben umgiebt.
Auch nordwestlich von Siwah ist der Boden
auf eine Strecke von etwa einer Meile mit Salz
belegt. Unter den zahllosen Quellen, die sich da
herum finden, ist oft eine süße nur wenige Schrit-
te von einer salzigen entfernt.
Der Theil der ungeheuern Wüste (Sahara),
der sich vom Natronthale und der Wüste des heil.
Macarius im Westen des Delta bis gegen Siwah
erstreckt, ist mit einem groben Kieselsande be-
deckt, der, wenn er durch heftigen Nordwind auf-
gewirbelt wurde, fast wie ein Schloßenschauer,
nur noch weit schmerzhafter, auf den Körper
wirkte.
Sehr häufig trifft man in dieser Wüste ver-
steintes Holz an; theils in Baumstämmen
von 12 u.m. Fuß im Umfange, theils dünnere
Aeste; auch Rindenstücke, die der Eichenrinde äh-
[Seite 665] neln. An manchen Stämmen sind die Jahrringe
noch deutlich zu unterscheiden. Die Farbe dieses
Holsteins ist schwärzlich; zuweilen mehr oder we-
niger grau, da es dann dem natürlichen Holze
so täuschend gleicht, daß es die Sclaven oft als
solches aufheben wollten. Es liegt theils in ein-
zelnen Stücken zerstreut: häufiger aber in großen
unordentlichen Lagern.
Nördlich wirb diese Wüste durch eine Kette
von niedern kahlen Kalkgebirgen begrenzt, der-
gleichen nachher auch in der zweyten der obgedach-
ten Hauptstationen fortläuft, und von Trümmern
fossiler Seeconchylien gleichsam wimmelt.
Der Habitus jener kahlen felsigten Berge und
der Meeres-Sand, mit welchem die Wüste be-
deckt ist, scheinen auf die Einwirkung einer
großen, einst aus Westen gekommenen Fluth zu
deuten.
Im Siwaher Gebiet fand H. eine Menge
Mumien-Catacomben, deren jede ihren be-
sondern Eingang hat, und die sämmtlich mit
großem Fleiß in den Felsen ausgehauen sind. Ei-
nen ganzen Schädel suchte er vergebens; aber
einzelne Stücken fand er in Menge. Nirgends
[Seite 666] zeigte sich daran eine Spur von Harz; und die
Bekleidung womit sie umwunden gewesen, war
von sehr groben Zeuge.
Westlich von Siwah liegen ganze Bänke ver-
kalkter, zwey Zoll großer Muscheln.
Manche einzelne Berge der dortigen Gebirgs-
reihe haben so täuschende Pyramidenform, als ob
sie durch Kunst zugehauen wären.
Ungefähr auf der Mitte der dritten von den
obgedachten Hauptstationen fangen die Basalt-
berge an, die dann weiterhin gen Westen dem
schwarzen Harutschgebirge eben das lugubre schau-
dervolle Ansehen geben. Auf den mit Flugsand
bedeckten Ebnen finden sich häufig ziegelrothe,
schwammige, oder schlackenförmige Geschiebe, theils
halb roth, halb schwarz, und die Basaltgebirgs-
massen selbst sind theils dicht, theils schwammig,
voller Blasenräume, aber ohne eingemengte fremd-
artige Fossilien. Die Lagen sind zum Theil sehr
gewaltsam verrückt und wie durch einander gewor-
fen. – Die ganze Gegend ist wohl eine der
traurigsten auf Erden. Sie erstreckt sich auf viele
Tagereisen in die Länge und Breite; selbst noch
von Murzuck südöstlich gen Burnu zu, und ist
[Seite 667] ohne Zweifel der mons ater bey Plinius. Hin
und wieder wechseln die Basaltberge mit Kalkge-
birgen ab. Und westlich stößt hierauf die weiße
Harutsch daran, eine weite Ebne, die sich bis ge-
gen Fezzan erstreckt und mit merkwürdigen Ge-
schieben von Sandstein bedeckt ist, welche so wie
die aus dem Boden hervorragenden Felsen von
außen wie glasirt aussehen, und einen hellen Klang
von sich geben, wenn sie an einander geschlagen
werden. Auch auf dem Bruche erscheinen sie
glasartig. Und zwischen diesen Steinen trifft
man viele Trümmer von Petrefacten, so wie auch
ganze geschossene Muscheln an.
An diese Ebene schießt sich noch auf jener
letzten Station wiederum ein niedres kahles Kalk-
gebirge, das von allen, die H. sah, die mehrsten
Versteinerungen enthält, so wie auch der Boden
mit Conchiten wie bedeckt ist. Der Kalkstein die-
ser Berge ist so loße und bröcklich, daß man die
Petrefacten leicht herausschlagen kann. Sie be-
stehen aus lauter Seeproducten, versteinerten
Conchylien, Ichthyolithen u.s.w. Unter an-
dern fanden sich Köpfe von Fischen, an deren
Einem ein Mann zu tragen gehabt haben wür-
de. In den Thälern zwischen diesen Ber-
gen finden sich ebenfalls noch von den gedach-
[Seite 668] ten, von außen gleichsam glasirten Geschie-
ben.*)
Von der äußerst wichtigen Ausbeute, welche
H’s Reise für die Anthropologie und Völ-
kerkunde liefert, berühren wir bloß die vielen
mächtigen, weit verbreiteten und doch bis dahin
nicht einmahl dem Namen nach bekannt gewese-
nen Völker, die Tibbus und Tuaricks je-
ner zumal im Südosten und diese meist im Süd-
westen von Fezzan: und dann die über die ganze
Naturgeschichte und Verbreitung des Menschen-
geschlechts so überaus vieles Licht werfende Ent-
deckung, die der große Linguiste und classische Be-
[Seite 669] schreiber von Sumatra, Hr. Will. Marsden
nach Hornemann’s Angaben gemacht hat,
daß nämlich die Sprache der Einwohner von Si-
wah mit der Berber ihrer, so wie mit der von
den alten Guanchen auf den Canarischen Inseln
eine und dieselbe ist!
Wir müssen eine Menge andrer äußerst in-
teressanter Notizen zur Anthropologie, z.B. über
die Einwohner von Fezzan u.s.w. übergehen, und
gedenken nur noch der Hußes oder Sudaner
(in dem ansehnlichen Reiche gleiches Namens, das
von Tombuctu östlich, in der Mitte des nördli-
chen Africa liegt), eines wahren Negervolks, das
aber als das aufgeklärteste, humanste und kunst-
reichste im ganzen Innern von Afrika geschildert
wird.
Die wichtigen Bemerkungen über den Cha-
racter der Lustseuche in diesen Weltgegenden, und
ihre leichte Behandlungsart ist schon vorläufig
in diesem Magazin bekannt gemacht worden (– s.
B. II. S. 771 u.f. –)
In Burnu ist Kupfer das geschätzteste Me-
tall, und es soll sich daselst gediegen finden.
Der Werth der Waaren wird darnach be-
[Seite 670] stimmt, so wie in Tombuctu und Hußa nach
dem Golde.
Doch wir müssen abbrechen, und können
es um so füglicher, da hoffentlich schon diese
wenigen ausgehobnen Bemerkungen zureichend
seyn werden, auch die Leser des Magazins auf
diese schon an sich so äußerst interessante Reise-
beschreibung aufmerksam zu machen.
Fr. Hornemann’s Tagebuch seiner Reise
von Cairo nach Murzuck, der Hauptstadt des Kö-
nigreichs Feßan in Afrika in den J. 1797 und 98,
aus der deutschen Handschrift desselben herausgege-
ben von C. König. Weimar 1802. 8. mit 2
Charten.
*) Gar manche dieser merkwürdigen geologischen
Phänomene, namentlich aber die dem Anschein
nach gleichsam verglasten Sandsteine, erinnern
uns an ein auffallend ähnliches Vorkommen in
der Nachbarschaft von Göttingen, den Dransfeld,
und wieder jenseits Cassel am Habichtswald, wor-
über zur Vergleichung Raspe’s Beytrag um al-
lerältesten und natürlichen Historie von Hessen
S. 51. u.f. und H. Hofr. Brandis im Göttin-
gischen Magazin IV Jahrg. 1 St. 1785 S. 146
nachgelesen zu werden verdienen.