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Medicinisch-chirurgische
Zeitung
herausgegeben
von
D. Johann Jacob Hartenkeil.
Zweyter Band.
1795.

C’est dans le grand livre de la nature, qu’il faut
lire & non dans ceux des hommes, dont la plûpart sont
remplis d’erreurs & de contradictions.
L’Acad. Rapport
de 1774
.


Zu haben posttäglich auf allen löbl. Postämtern;
bandweise in dem med. chir. Zeitungs-Comtoir in Salzburg,
bey Heinrich Gräff zu Leipzig,
und
in der Mayrschen Buchhandlung zu Salzburg.

Salzburg
gedruckt bey F.X. Oberer, Landschafts- und Stadtbuchdrucker.

[[1]] [Seite 174]

Göttingen. In der Versammlung der königl. Societät
der Wissenschaften am 28. März legte Hr. Hofrath Blumenbach
eine dritte Decade aus seiner Sammlung von Schedeln verschie-
dener Völkerschaften vor, die nun in Verbindung mit den bey-
den vorhergehenden (die wir im Iten Bande, Jahrg. 1790. Seite
221, und im Iten Bande, Jahrg. 1793 Seite 398 unserer Zei-
tung angezeigt haben) eine Art von vollständigem Ganzen aus-
macht, da sie durch die thätige Theilnahme des Hn. Baron von
Asch
und des Hn. Baronet Banks besonders zweyerley enthält,
wodurch die beyden merklichen bisherigen Lücken in dieser Samm-
lung auf’s vollkommenste gefüllt worden. Von jenem nähmlich
ist ein idealisch bildschöner Schedel vom schönsten Blute im Men-
schengeschlechte. Von diesem aber zwey von den beyden Haupt-
rassen der Südseeinsulaner, eine O-taheite und ein Neu-Hol-
länder. – Ueberhaupt enthält diese Decade folgende Schedel:
21) den ebengedachten musterhaft gebildeten von einer Georgia-
nerinn,
die im letztern Türkenkriege von den Russen gefangen
und nach Moskau gebracht worden ist, wo sie eines plötzlichen
Todes gestorben, und deßhalb vom Hn. Prof. Hildebrandt
gerichtlich secirt worden. – Vergleichung dieser Form mit den
weiblichen Idealen der Kunst des Alterthums. – 22) von einem
Lithauer. So wie der vorige und folgende ebenfalls ein Geschenk
des Hn. Baron von Asch. Hier dieser zum Erweis der Unzu-
länglichkeit der Camperschen Facial-Linie zu Bestimmung des
Nationalcharakters. Denn nach jener Linie im bloßen Profil
angesehen, ähnelt dieser Schedel ganz auffallend dem einen Ne-
ger in der vorigen Decade (Tab. XVIII.). Hingegen beyde
[Seite 175] von Vorne oder von Oben gegen einander gehalten, so fällt das
Charakteristische des Negers unverkennbar auf. – 23) von einem
88jährigen Sinesischen Tungusen (Daurier) aus dem Saraduli-
schen Geschlechte vom Amur; dessen Grab Hr. Hofr. Roeßlein
am Onon geöffnet. Ein recht Mongolisches Ideal. – Zur Ver-
gleichung zeigte Hr. B. das zum Sprechen ähnliche Bild eines
27jährigen Calmüken vor, der sich Selbst in schwarzer Kreide
mit einer alles übertreffenden, geschmackvollsten Feinheit in Rom,
wo er mir größtem Glücke die Antiken studirt, gezeichnet hat!
Ein Geschenk des Hn. Legationssecretärs Tatter. – 24) und 25)
zwey Eskimos, die Hr. B. durch die Vermittlung des verdienst-
vollen Hn. Joh. Loretz aus Nain auf Labrador erhalten. Ganz
das Mittel zwischen Mongolischer und Americanischer Gestaltung.
Verglichen mit den Bildnissen zweyer Eskimos, die der auch als
Schriftsteller bekannte Cptn. Cartwright nach London gebracht,
und Hr. Baronet Banks von Dance mahlen lassen. – Dann die
gedachten beyden Südseeinsulaner. – 26) nähmlich ein O-taheiten-
schedel,
den der um die Humanität so verdiente Cptn. Bligh
auf der berühmten Reise mitgebracht, da er den Brodbaum von
den Societätsinseln nach Jamaica verpflanzt. Das Stück ist
um so schätzbarer, da noch der Unterkiefer dabey ist, der in je-
nem Clima bey der Weise, wie dort die Leichen auf Gestellen
an die Luft gelegt werden, sehr bald abfällt; den Erschlagenen
aber ohnehin abgeschnitten, und vom Sieger als Trophäe aufge-
hoben wird. – 27) der Schedel eines der ersten Neu-Hollän-
der,
die sich unter die Engländer in der neuen Colonie auf Sid-
ney-cove bey Botanybay gewagt, und da gestorben. Die auf-
fallende Fläche vorn am Oberkiefer ist wohl durch den Druck
des Querknebels entstanden, den diese Wilden in der Scheide-
wand der Nase tragen, und den die englischen Matrosen einstim-
mig ihre Boogspriet-Raa nannten. Vergleichung dieser beyden
Hauptrassen der Australier unter einander. Sie ähneln einan-
der sehr. Doch nähert sich der O-taheite mehr dem Malayen,
und der Neu-Holländer mehr dem Neger. – Zum Schlusse
noch drey Kinderschedel von recht auffallend contrastirenden
[Seite 176] Spielarten des Menschengeschlechts. Zum Erweis, wie der Na-
tionalcharakter auch schon in der frühen Bildung kenntlich ist. –
28) von einem sehr hübschen Judenmädchen, und dann zwey von
den beyden Extremen in der Stuffenfolge der Menschenrassen. 29)
nähmlich von der Mongolischen, ein Buräten-Kind; wiederum
vom Hn. Baron von Asch, dem es der Hr. Hofrath Laxmann
aus Irkutzk mitgebracht. Das breite, platte Gesichtchen mit den
seitwärts hinausstehenden Backenknochen, im auffallendsten Gegen-
satz zu 30) dem schmahlen Kopfe mit vorragendem Oberkiefer an
einem neugebornen Neger-Knaben, vom Hn. Chirurgus Bill-
mann
aus Cassel.



Blumenbach, Johann Friedrich. Date:
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