Da wir so eben die merkwürdigen Ueberbleibsel
einer zerstörten Leibesfrucht vor uns haben, die
ein und zwanzig Jahre lang in einer sogenannten
Honiggeschwulst (Meliceris) eines ungeheuer an-
geschwollnen Eyerstocks getragen worden, und jetzt
in der gothaischen Kunstkammer aufbewahrt wer-
den, von da sie uns zur nähern Untersuchung an-
vertraut worden, so können wir uns die Gelegen-
heit nicht entgehen lassen, hier bey diesem passenden
Anlaß nur ein paar Worte davon zu sagen:
Eine Weibsperson im Gothaischen kriegt in ih-
rem 17ten Jahre eine Geschwulst in der Milzgegend
die bey ihrer Zunahme anfänglich einer Schwanger-
schaft ähnlich geschienen, aber mit der Zeit so unge-
heuer angewachsen, daß endlich der Unterleib zum
Umfange von 4 Ellen aufgetrieben worden, und
bis über die Waden heruntergehängt. Diese so
lästige Bürde hat sie 21 Jahre lang, doch meist bey
leidlichen Befinden tragen müssen, bis sie in ihrem
38ten Jahre, nach heftigen Leibschmerzen von etlichen
Tagen, gestorben.
Bey der Oeffnung fand sich in der Bauchhöle
a) eine grosse Menge Wasser. b) der linke Eyer-
stock zu einer so ungeheuren Grösse angeschwollen
daß er alle übrige Eingeweide bedeckte. c) er ent-
hielt ein schmierichtes Honigähnliches Zeug; das
d) durchgehends mit langen Haaren theils in
Daumdicken und Fuslangen Büscheln durchmengt
war. e) die blose ausgewaschne Haut dieses Sak-
kes wog 14 Pfund, und war inwendig an theils
Stellen mit kurzen Haaren besetzt. f) hin und
wider war sie endlich mit mancherley merkwürdi-
gen Knochen und Zähnen durchwachsen, wovon
wir acht Knochen deren 4 mit 16 Zähen aller drey
Arten besetzt sind, und 9 einzelne Zähne, vor uns
haben.
Einer dieser Knochen hält über 10 – und ein an-
drer über 7 Pariser Zoll in der Länge, und an ei-
nigen Stellen 2 Zoll in der Breite: an einem drit-
ten vieleckichten Stücke sitzen 6 Backenzähne und
ein Schneidezahn aufs sonderbarste zusammengrup-
pirt u.s.w.
Die Knochen haben völlig die Festigkeit und
Consistenz –, und die Zähne die Grösse und Vollkom-
menheit, die sie ohngefähr bey einem 20jährigen
Menschen haben müssen, zum Beweis daß diese
unförmliche Frucht die ganze Zeit über da die Mut-
ter mit ihr schwanger gegangen, ernährt worden
und gewachsen ist.
Hingegen sind erstens die gedachten 16 Zähne
ohne die mindeste Ordnung in die Knochen einge-
keilt, zweytens aber ist an allen den 8 Knochen
überhaupt, ausser einer einzigen Stelle die mit dem
Felsenbein des Ohrs einige Aehnlichkeit haben möchte,
auch nicht die geringste deutliche Spur zu erkennen,
die sich mit dem natürlichen Knochenbau – des reifen
oder unreifen Menschengerippes – vergleichen lies.
Sich nun die Erzeugung dieser so ganz unförm-
lichen Frucht zu erklären, hat man zwischen folgen-
den beiden Theorien zu wählen:
Nach der Lehre der Evolution nemlich muß
sie bey der ersten Schöpfung als eben so unförm-
licher Keim präformirt worden, und ihre dermal-
einstige Entwickelung dahin prädestinirt seyn, daß
dieselbe nicht in der Gebärmutter sondern im Eyer-
stocke vor sich gehen solle u.s.w.
Mittelst des Bildungstriebes hingegen läßt
sich her Vorfall so erklären, daß bey dieser unvoll-
kommnen Empfängnis, in dem rohen Zeugungs-
stoff, weil er nicht an den Ort seiner Bestimmung
und zu seiner behörigen Reife etc. gelangt –, auch
der Bildungstrieb nicht seinen natürlichen Gesetzen
gemäs in ihm rege werden und die behörige Aus-
bildung einer menschlichen Leibesfrucht bewirken
können; sondern bey der abweichenden Richtung
die er durch jene Störung erhalten, nur eine con-
fuse Organisation hervorzubringen im Stande ge-
wesen etc.