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Tagungen
Johann Friedrich Blumenbach’s Bildungstrieb (1789): «What is life?» in science, philosophy and politics around 1800. (14.–15. Oktober 2021)
Johann Friedrich Blumenbach and the Culture of Science in Europe around 1800 (23.–24. April 2015)
Johann Friedrich Blumenbach’s Bildungstrieb (1789): «What is life?» in science, philosophy and politics around 1800.
14.–15. Oktober 2021
Programm (neues Fenster)
Videoaufzeichnungen der Tagungssvorträge (Session 1, 2 und 3; „keynote“)


Vegetative Vermehrung der Brunnen-Conferve. Zum Vergrößern anklicken. Kupferstich zu „IV. Prof. Blumenbach über eine ungemein einfache Fortpflanzungs­art“, in Göttingisches Magazin der Wissen­schaften und Litteratur, 2. Jg., 1. Stück (1781), S. 80–89 (Bibliographie-Nr. 0800). Die von Blumenbach als „Brun­nen-Conferve“ bezeichnete Alge diente ihm als „Proto-Modellorga­nismus“ für Forschungen zum „Bildungstrieb“, vgl. Feigenbaum, Ryan: „Blumenbach and the Conferva fontinalis. A talk delivered at the New York Botanical Garden on November 15, 2015.“; Online-Version.
Johann Friedrich Blumenbachs Bedeutung für eine Vielzahl von Fächern und intellektuelle Strömungen wird nirgends so deutlich wie in seiner Konzeption des „Bildungstriebs“. Sie war sowohl für die Lebens­wissen­schaften wie für die Idee der Bildung in den Geisteswissenschaften und Künsten maßgeblich, und Blumen­bachs Schüler wie die Brüder Humboldt – oder auch Goethe – prägen bis heute unsere Bil­dungs­vorstellung. Die Tagung ist der erste Versuch, die verstreute Forschung zu Blumenbachs Konzept des „Bildungstriebs“ und die lange Geschichte seiner Folgen systematisch in den Blick zu nehmen (Forschungsliteratur zu dieser Thematik). Betrachtet werden sollen Genese, Rezeption und spätere Aneignungen seiner Konzeption von Lebenswissenschaft sowie der sozio-politische Kontext der dadurch ausgelösten Debatten (zeitgenössische Rezensionen zu Blumenbachs Publikationen zum „Bildungstrieb“). Als empirische Grundlage für seine Forschungen warb Blumenbach außerdem zahl­reiche naturhistorische Sammlungsobjekte aus aller Welt für das „Academische Museum“ in Göttingen ein. Unsere Aufmerksamkeit wird deshalb auch der materiellen Kultur der Naturwissenschaften gelten.
Die Tagung war in vier thematische Blöcke gegliedert:
Session 1: The naturalistic turn and the concept of self-organisation 1750–1850
Blumenbachs Naturalisierung der Naturauffassung ging eine längere Umdeutung der Auffassung von Natur und Mensch voraus. Gottfried Wilhelm Leibniz und seine Schule – Albrecht von Haller, Georges-Louis Leclerc de Buffon und Immanuel Kant, um nur die wichtigsten Namen zu nennen – hatten den Begriff der Natur immer weiter verändert, indem sie in Anlehnung an Samuel Pufendorf und antike Auffassungen (Plinius, Lukrez) einem physiologischen Verständnis der Welterkenntnis vorgearbeitet haben. Nicht weniger wichtig als Metaphysik und Naturhistorie ist die Entwicklung der Theologie zumal in Göttingen, denn hier haben Theologen/Orientalisten wie Johann David Michaelis und Johann Gottfried Eichhorn die biblische Naturauffassung mit Mittel der Textkritik entsakralisiert. Mit der Säkularisierung verknüpft sind die sich entwickelnde Auffassung von der Selbstorganisation der Natur und die Theorie der progressiven Autogenese der Arten. Die Tagung nimmt diese neuere wissenschaftsgeschichtliche Diskussion auf und verbindet sie mit Blumenbachs Konzeption der Selbst-Bildung.
Session 2: Blumenbach’s Bildungstrieb and the question of epigenesis
Blumenbachs Konzeption des „Bildungstriebs“ hängt eng mit den Beobachtungen zusammen, die ihm seine Sammlungsobjekte ermöglichten. In dieser Sektion wird basierend auf der Edition der Werke und Sammlungen Blumenbachs dessen Arbeitsweise näher untersucht, damit auch sein Engagement für des „Academischen Museums“ in Göttingen. Während deutlich ist, dass Blumenbachs Bildungstheorie ohne die Sammlungsobjekte kaum denkbar war, ist bislang kaum erforscht , wie Sammlung und anthropologische (und andere naturkundliche) Theoriebildungen zusammenhängen. Ähnliche und konkurrierende Auffassungen zur Generation und Regeneration, wie etwas die von Immanuel Kant oder von Johann Christian Reil sind Gegenstand dieser Sektion, um die Merkmale der Theorie Blumenbachs genauer zu fassen.
Session 3: Blumenbach’s Bildungstrieb and the wider notion of Bildung
Die Übertragung der naturhistorischen Auffassungen Blumenbachs auf andere Felder, besonders die der menschlichen Ausbildung hatte weitreichende Folgen in den Künsten und in der Bildungspolitik. Durch Schülerschaft und Korrespondenz erlangte Blumenbachs Bildungstheorie Einfluss auf die Weimarer Klassik, die romantische Bewegung wie die idealistische Philosophie. Goethes Naturauffassung und seine Konzeption der Weltliteratur beispielsweise, oder auch Wilhelm von Humboldts Vorstellungen von der Bildung des Menschen haben – nicht zuletzt begünstigt durch die Folgen der Französischen Revolution – eine langanhaltende Nachwirkung entfaltet, die bislang nur vereinzelt untersucht worden ist.
Session 4: “What is Life?” – then and now
Die vierte und abschließende Sektion fragt nach der Aktualität Blumenbachs heute. Die Tagung des Projekts „Blumenbach – Online“ im Jahr 2015 hat die Bedeutung Blumenbachs in den Auseinandersetzungen über (Anti)rassismus aufgezeigt; bei der Tagung von 2020 geht es in dieser Sektion um das Potenzial von Blumenbachs Überlegungen zu den Fragen von Entstehung des Lebens, Zeugung und Heilung im Kontext der heutigen Naturwissenschaften. Zusammen mit der interdisziplinären Arbeitsgruppe „Origin of Life“ der Göttinger Akademie der Wissenschaften und im Rückbezug auf Erwin Schrödingers maßgebliches Buch What is Life. The Physical Aspect of the Living Cell (1944) diskutiert diese Sektion die longue durée der Blumenbachschen Auffassung vom natürlichen Leben und seiner Entwicklung.
Im Rahmen der Tagung hielt am 14. Oktober 2021 um 18 Uhr Prof. Dietrich v. Engelhardt in der Aula am Wilhelmsplatz einen öffentlichen Abendvortrag über „»Bildung« in Natur und Kultur um 1800“:
Johann Friedrich Blumenbach prägte 1780 den Begriff „Bildungstrieb“. Der Begriff gehört ursprünglich in
den Kontext der Frage nach dem Wesen des Lebendigen und der Ursache für die Entstehung organisierter, lebendiger Strukturen aus unbelebter Materie. Blumenbachs naturwissenschaftlich geprägter Begriff der „Bildung“ wurde in der Philosophie, den Künsten, der Geschichte und Jurisprudenz des Idealismus und der Romantik aufgegriffen und weiterentwickelt. Dieser faszinierende Dialog um 1800 zwischen den vier Kulturen der Naturwissenschaften, Geisteswissenschaften, Künste und des Lebens, deren Trennung heute unüberwindbar scheint, ist das Thema des Abendvortrages von Dietrich v. Engelhardt.
Der Medizin- und Wissenschaftshistoriker Prof. Dr. Dietrich v. Engelhardt lehrte u. a. an den Universitäten Heidelberg, Lübeck und München. Als führender Experte der Deutschen Romantik ist er international anerkannt. v. Engelhardt ist Mitglied der Deutschen Akademie der Naturforscher Leopoldina und wurde vor Kurzem mit der Alexander von Humboldt-Medaille der Gesellschaft Deutscher Naturforscher und Ärzte ausgezeichnet.
Die Tagung wurde mit Mitteln der Fritz Thyssen Stiftung für Wissenschaftsförderung gefördert.

Videoaufzeichnungen der Vorträge (Session 1, 2 und 3, „keynote“)
Gerhard Lauer (Mainz)   Introduction to the conference. 
Prof. Lauer locates Johann Friedrich Blumenbach’s “Bildungstrieb” concept in the history of the biological sciences of the 18th century; and he outlines the reception of the “Bildungstrieb” concept in philosophy, literature and pedagogy in Germany between about 1800 and 1850.
  Video (YouTube-Kanal der Akademie der Wissenschaften zu Göttingen, neues Fenster)

Session 1. The naturalistic turn and the concept of self-organisation 1750–1850
Mackenzie Cooley (Harvard, Villa I Tatti, Florence)   Domesticating Bildungstrieb: controlled reproduction and its discontents. 
The notion of Bildungstrieb sewed together notions of building and educating alike. Domestication – that ancient means of taming nature to suit human life through breeding in both the biological and educational sense – seemed to at once offer lessons for one interested in understanding the organizing features of life, and offered a rebuke to their hegemony. This paper traces Blumenbach’s navigation of this paradox with special attention to the experiments he cites – the chicken, the pig, and the tobacco plant – to situate his work in a longer history of domestication science and its discontents.
  Video (YouTube-Kanal der Akademie der Wissenschaften zu Göttingen, neues Fenster)
Nadine Schäfer (Göttingen)
Joachim Reitner (Göttingen)
  Blumenbach’s natural history objects as a driving force for a modern view of evolvement of life. 
Johann Friedrich Blumenbach was an archetype of a scientist in the time of enlightenment and his research philosophy was mainly based on inductive experimental investigations and observations of natural history objects. His deep investigations of these objects allowed him to develop first ideas of a time resolved development of life forms. This research includes for example a great number of ammonites and other fossils from all over the world. Another milestone of Blumenbach’s research is the taxonomic description and evaluation of the African elephant (1797) and the observation that the Siberian woolly mammoth is an independent species within the Elephantidae (1799). Blumenbach’s way of thinking fostered the modern natural sciences and established the first steps of a modern view of evolvement of life.
  Video (YouTube-Kanal der Akademie der Wissenschaften zu Göttingen, neues Fenster)
Wolfgang Böker (Göttingen)   Decorative illustrations in Blumenbach’s Bildungstrieb booklet of 1789. 
In 1787, Johann Friedrich Blumenbach (1752–1840) corresponded with the Berlin graphic artist and engraver Daniel Nicolaus Chodowiecki (1726–1801) about illustrations for a planned new edition of his booklet Über den Bildungstrieb (1789). It is striking that Blumenbach’s thoughts did not refer to scientific illustrations. I propose to understand the book decoration of the Bildungstrieb monograph as a deliberate “framing”: Blumenbach wanted to use it to distance his reflections on the “Bildungstrieb” from systematic experimental research on the physiology of the origin of life.
  Video (YouTube-Kanal der Akademie der Wissenschaften zu Göttingen, neues Fenster)
Karsten Heck (Göttingen)   In Blumenbach’s footsteps: Forum Wissen – a new science museum for Goettingen University and its collections. 
Karsten Heck explains the museum architecture and the content and didactic concept of the science museum “Forum Wissen” in Göttingen, which is currently under construction.
  Video (YouTube-Kanal der Akademie der Wissenschaften zu Göttingen, neues Fenster)
Session 2. Blumenbach’s Bildungstrieb and the questions of (epi)genesis, regeneration, and reproduction
Michael Olson (Marquette)   Spontaneous generation and the Bildungstrieb. 
When Blumenbach introduced his concept of a Bildungstrieb in 1780 he adduced the spontaneous generation of simple plants as evidence of the pervasive influence of this non-mechanical drive. By 1791, however, Blumenbach’s writings on the Bildungstrieb omit reference to spontaneous generation. This paper examines what led Blumenbach initially to tie and later to divorce the Bildungstrieb from the idea of spontaneous generation.
  Video (YouTube-Kanal der Akademie der Wissenschaften zu Göttingen, neues Fenster)
Carl Niekerk (Urbana-Champaign)   Reading Goethe with Blumenbach. 
While “Bildung” is a key concept for understanding Goethe’s work and thinking, and while it is generally acknowledged that Blumenbach is important for Goethe’s thinking on “Bildung,” there is little or no recent scholarly literature that critically examines the roots of Goethe’s concept of “Bildung” in Blumenbach’s work in some detail. This talk will change that in three steps. 1. I will reconstruct the historical connections between Goethe and Blumenbach (taking into consideration their meetings and correspondence, and also Goethe’s relationship with Wilhelm and Alexander von Humboldt, who had both studied with Blumenbach). 2. I will carefully study all of Goethe’s comments on “Bildung,” taking into consideration also the contexts in which these comments were made (biology, natural history, philosophy of science). 3. I will offer a reading of Goethe’s Wilhelm-Meister project, the prototypical “Bildungsroman,” in particular the later books of the Lehrjahre and the early books of the Wanderjahre, to see how these fit into a program of “Bildung,” taking into consideration also a broader view of Blumenbach’s theories of human generation and development.
  Video (YouTube-Kanal der Akademie der Wissenschaften zu Göttingen, neues Fenster)
Keynote speaker
Dietrich v. Engelhardt (Lübeck)   Bildung in Natur und Kultur um 1800: Wissenschaft, Philosophie und Kunst im Dialog. 
Johann Friedrich Blumenbach prägte 1780 den Begriff “Bildungstrieb„. Der Begriff gehörte ursprünglich in den Kontext der Frage nach dem Wesen des Lebendigen und der Ursache für die Entstehung organisierter, lebendiger Strukturen aus unbelebter Materie. Blumenbachs naturwissenschaftlich geprägter Begriff der “Bildung„ wurde in Philosophie, Kunst, Geschichte und Jurisprudenz des Idealismus und der Romantik aufgegriffen und weiterentwickelt. Dietrich v. Engelhardt spricht über diesen faszinierenden Dialog zwischen den vier Kulturen der Naturwissenschaften, Geisteswissenschaften, Künste und des Lebens, deren Trennung heute unüberwindbar scheint.
  Video (YouTube-Kanal der Akademie der Wissenschaften zu Göttingen, neues Fenster)
Session 3. Blumenbach’s Bildungstrieb and the wider notion of Bildung
Thomas Junker (Tübingen)   Blumenbach and the species concept in anthropology. 
Thomas Junker examines the role of the Bildungstrieb for Blumenbach’s idea of the origin of biological species and varieties and for his anthropological ideas. According to Junker, the significance and explanatory value of the Bildungstrieb concept for both was low.
  Video (YouTube-Kanal der Akademie der Wissenschaften zu Göttingen, neues Fenster)
Gregory Levit (Jena)
Uwe Hoßfeld (Jena)
Alexander Lvov (St. Petersburg)
  Blumenbach in Russia. 
The talk discusses (1) general indicators of Blumenbach’s influence in the Russian Empire: translations, membership in scientific societies, circulation of his publications in Russia, Russian-language encyclopedia on Blumenbach; (2) Nisus formativus in Russian-language science: Blumenbach’s nisus formativus received became some attention and was idiosyncratically interpreted by some Russian researchers.


Video (YouTube-Kanal der Akademie der Wissenschaften zu Göttingen, neues Fenster)
 
Dominik Hünniger (Hamburg)   Zeugungskraft and Bildungstrieb – the meta/physics of insect sexual reproduction, c. 1730–1830. 
This presentation will introduce textual and visual sources concerned with the sex lives of non-human animals in order to uncover how these concepts were used and what the debates reveal about the general discussion of metaphysical and physical aspects of life and nature in the “Sattelzeit”.
  Video (YouTube-Kanal der Akademie der Wissenschaften zu Göttingen, neues Fenster)
Session 4. ‘What is Life?’ – then and now
Nicolaas Rupke (Göttingen and Washington & Lee Univ.)   Blumenbach and the unified theory of evolution. 
Rupke argues that Blumenbach contributed to a unified theory of evolution – like his friend-and-mentor Immanuel Kant had done before him (Allgemeine Naturgeschichte und Theorie des Himmels, 1755) and his pupil Alexander von Humboldt was to do (Kosmos. Entwurf einer physischen Weltbeschreibung, 1847, 1849). These men were not merely “forerunners of Darwin.”
  Kein Video vorhanden.
Joachim Reitner (Göttingen)   Early traces of life – a critical approach.
  Kein Video vorhanden.
Johann Friedrich Blumenbach and the Culture of Science in Europe around 1800
23.–24. April 2015
Vollständiges Programm der Tagung (neues Fenster)
Bericht über die Tagung in Akademie heute 2/2015 (neues Fenster)
Videoaufzeichnungen der Tagungsvorträge

Five Skulls that Made Human Taxonomy. Graphik von Nell Painter zu ihrem Vortrag.
Aus Anlass des 175. Todesjahres des Göttinger Naturforschers Johann Friedrich Blumenbach (1752–1840) veranstaltete die Akademie der Wissenschaften zu Göttingen am 23. und 24. April 2015 ein Internationales Symposium, an dem führende Experten aus der Schweiz, Italien, England und den USA teilnahmen.

Häufig wird Blumenbach mit der Entstehung eines angeblich „wissenschaftlich begründeten“ Rassismus in Verbindung gebracht. Viele der Tagungsbeiträge traten diesem verengten und verfälschenden Bild entgegen und akzentuierten die Wahrnehmung von Blumenbachs Werk neu.
Videoaufzeichnungen der Vorträge und Sektionskommentare sind hier online verfügbar (s. u.). Ein Band mit Aufsätzen auf der Grundlage der Tagungsvorträge und mit weiteren Studien ist 2018 erschienen:
Rupke, Nicolaas; Lauer, Gerhard (Hrsg.): Johann Friedrich Blumenbach: Race and Natural History, 1750–1850. London und New York: Routledge, 2019 [erschienen: Juli 2018]; Inhaltsverzeichnis.
Vorträge und Sektionskommentare
Abstracts (ausklappen über „mehr“) und Links zu den Videos der Vorträge

Blumenbach scholarship
in the digital age
Gerhard Lauer (Göttingen)   Blumenbach scholarship and digital humanities. 

Gerhard Lauer beschreibt Verfahrensweisen und Potential der Digital Humanities.
Gerhard Lauer explains the methods of digital humanities and their potential.
  Video (YouTube-Kanal der Universität Göttingen, neues Fenster)
Heiko Weber (Göttingen)   „Johann Friedrich Blumenbach – online“: challenges, opportunities, and early results. 

Ziel des Projekts „Johann Friedrich Blumenbach – online“ ist eine „digitale Edition“, d. h. die historischen Texte werden mit Zusatzinformationen anreichert, um sie für digitale Analyse- und Auswertungsverfahren vorzubereiten. Eine wichtige Rolle spielen dabei Metadaten und Normdatenbanken.

The project “Johann Friedrich Blumenbach – online” aims at a “digital edition”, enriching the original texts via markup to prepare them for digital analysis. The use of metadata and authority data bases plays an important role.
  Video (YouTube-Kanal der Universität Göttingen, neues Fenster)
Roman Göbel (Jena)   „Haeckel correspondence online“. 

Roman Göbel berichtet über das 2013 begonnene Projekt „Ernst Haeckel online Briefedition“. Ziel dieses auf 25 Jahre angelegten Langzeitprojekts der Union der Deutschen Akademien der Wissenschaften ist es, die gesamte überlieferte Korrespondenz des Evolutionsbiologen Ernst Haeckel (1834–1919) in digitaler Form verfügbar zu machen.

Roman Göbel talks about the long term project “Ernst Haeckel online Briefedition”, funded by the Union of the German Academies of Sciences and Humanities. It started in 2013 and aims at a digital edition of all extant letters from and to the evolutionary biologist Ernst Haeckel (1834–1919).
  Video (YouTube-Kanal der Universität Göttingen, neues Fenster)
Paul Youngman (Lexington)   Commentary. 

Paul Youngmans Kommentar zu den Vorträgen über die Projekte „Johann Friedrich Blumenbach – online“ and „Ernst Haeckel online Briefedition“ im Rahmen der internationalen Tagung „Johann Friedrich Blumenbach and the Culture of Science in Europe around 1800“ der Akademie der Wissenschaften zu Göttingen und über das Projekt „Darwin Online“.

Paul Youngman’s commentary on the lectures about the projects “Johann Friedrich Blumenbach – online” and “Ernst Haeckel online edition of letters” presented during the international symposium “Johann Friedrich Blumenbach and the Culture of Science in Europe around 1800” of the Göttingen Akademy of Sciences and Humanities and on the project “Darwin Online”.
  Video (YouTube-Kanal der Universität Göttingen, neues Fenster)
Scientific collections and material knowledge cultures
Emma C. Spary (Cambridge, UK)   The didactic, nationalist and scientific ends of specimens during the French Republic. 

Emma C. Spary fragt, unter welchem Gesichtspunkt und von wem naturhistorische Objekte im Frankreich des Ancien Regime wertgeschätzt wurden und ob die Französische Revolution einen vollständigen Bruch mit dieser Praxis bewirkte. Sie zeigt, dass die Naturgeschichte als wissenschaftliche Disziplin schon immer eine transnationale und pan-europäische materielle Kultur darstellte: Sammlungen und ihre Objekte waren wesentlich mobiler als man glauben könnte.

Emma C. Spary asks how, and by whom natural history specimens were valued in France before the French Revolution, and whether 1789 really marked a complete break with the practices of the Ancien Regime. She shows that natural history was always a discipline of transnational and pan-European material culture: collections and their specimens did a lot more travelling than we might expect.
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Michael Schultz (Göttingen)   The Blumenbach collection of human skulls. 

Michael Schultz demonstriert an Beispielen die Bedeutung der Schädelsammlung Johann Friedrich Blumenbachs (1752–1840) für die moderne Forschung in verschiedenen Disziplinen, z. B. Anatomie und physische Anthropologie, forensische Anthropologie und Gerichtsmedizin, Medizingeschichte, Paläopathologie, Archäologie und Ethnologie.

Using particular items from Johann Friedrich Blumenbach’s (1752–1840) collection of human skulls, Michael Schultz shows the importance of this collection for modern research in various disciplines, e. g. anatomy and physical anthropology, forensic anthropology and legal medicine, history of medicine, paleopathology, archaeology, and ethnology.
  Video (YouTube-Kanal der Universität Göttingen, neues Fenster)
Robert Scheck (Hannover)   The Cook/Forster collection. 

Robert Scheck berichtet über den von Johann Friedrich Blumenbach (1752–1840) angeregten Ankauf von naturhistorischen und ethnographischen Sammlungsobjekten aus dem Pazifikraum für das ehemalige Akademische Museum der Universität Göttingen. Die Objekte stammen von den Weltumsegelungen James Cooks (1728–1779) und aus dem Nachlass von Johann Reinhold Forster (1729–1798), der an der zweiten Weltumsegelung (1772–1775) teilgenommen hatte.

Robert Scheck talks about the acquisition of natural and ethnological objects from the Pacific for the former Academic Museum at Göttingen University on the initiative of Johann Friedrich Blumenbach (1752–1840). The objects were brought back to Europe by James Cook (1728–1779) from his voyages around the world. Many of them were acquired from the estate of Johann Reinhold Forster (1729–1798), who had taken part in Cook’s second voyage (1772–1775).
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Dominik Hünniger (Göttingen)   Johann Christian Fabricius and the practice of natural history around 1800. 

Dominik Hünniger berichtet über Johann Christian Fabricius’ (1745–1808) akademischen Bildungsgang, seine Forschungsaufenthalte in London und Paris, seine Lehrtätigkeit in Kiel und seine Leistungen auf dem Gebiet der Entomologie.

Dominik Hünniger talks about Johann Christian Fabricius’ (1745–1808) university education, his research visits to London and Paris, his teaching at Kiel university, and his achievements in the field of entomology.
  Video (YouTube-Kanal der Universität Göttingen, neues Fenster)
Mario Marino (Cottbus)   Commentary. 

Mario Marinos Kommentar zu den Vorträgen „The didactic, nationalist and scientific ends of specimens during the French Republic“, „The Blumenbach collection of human skulls“, „The Cook/Forster collection“ und „Johann Christian Fabricius and the practice of natural history around 1800“.

Mario Marino’s Commentary on the lectures "The didactic, nationalist and scientific ends of specimens during the French Republic", "The Blumenbach collection of human skulls", "The Cook/Forster collection" and "Johann Christian Fabricius and the practice of natural history around 1800".
  Video (YouTube-Kanal der Universität Göttingen, neues Fenster)
Keynote Address
Nell Irvin Painter (Princeton)   Five Skulls that Made Human Taxonomy. 

Nell Irvin Painters Festvortrag stellte Johann Friedrich Blumenbachs (1752–1840) anthropologische Forschungen in den Kontext des europäischen Kolonialismus des 18. Jahrhunderts. Die von Blumenbach als empirische Grundlage verwendeten menschlichen Schädel aus aller Welt wurden oft unter Einsatz von Gewalt nach Europa gebracht. Einen ähnlichen Hintergrund hat auch Blumenbachs Bezeichnung der Menschen in Europa, Nordafrika und dem vorderen Orient als „Kaukasier“. Sie kann auf den antiken, mittelalterlichen und islamischen Sklavenhandel mit Menschen aus der Schwarzmeerregion zurückgeführt werden.

Nell Irvin Painter places Johann Friedrich Blumenbach’s (1752–1840) anthropological research within the context of 18th century European colonialism. The human skulls Blumenbach used as basis for his empirical approach were often taken by force in other parts of the world before being brought to Europe. Blumenbach’s labelling of people in Europe, North Africa and the Middle East as "Caucasians" has a similar background. It relates to the trading of people from the Black Sea region as slaves in antiquity, the Middle Ages and by Arabs.
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Anthropology and
the issue of race
Renato G. Mazzolini (Trient)   Blumenbach and albinism. 

Renato Mazzolini erläutert die bedeutende Rolle Johann Friedrich Blumenbachs (1752–1840) bei der Entdeckung der Tatsache, dass es sich beim Albinismus um eine erbliche Pigmentstörung handelt, die bei Menschen auf allen Kontinenten auftritt, also auch bei Europäern. Blumenbach sah darin eine weitere Bestätigung seiner Auffassung, dass alle Menschen einer einzigen biologischen Spezies angehören.

Renato Mazzolini talks about Johann Friedrich Blumenbach’s (1752–1840) important share in the discovery that albinism is a hereditary pigmentary disorder which can affect humans of all continents, i. e. also Europeans. Blumenbach considered this a further proof of his concept of the biological unity of humankind.
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Robert J. Richards (Chicago)   The Just Measure of Schiller’s Skull: Scaling Humanity in Kant, Blumenbach, Tiedemann, and Carus. 

Robert Richards beschäftigt sich mit den Auffassungen Immanuel Kants (1724-1804), Johann Friedrich Blumenbachs (1752–1840), Friedrich Tiedemanns (1781–1861) und Carl Gustav Carus’ (1789–1869) über unterschiedliche „Menschenrassen“ unter naturhistorischen und psychologischen Gesichtspunkten. Kant und Carus zufolge gab es eine Hierarchie klar voneinander abgegrenzter „Rassen“; Blumenbach und Tiedemann verneinten dies. Richards zufolge könnte dies auf der sehr begrenzten Zahl von anatomischen Daten und Schädelexemplaren beruhen, die Kant und Carus zur Verfügung standen bzw. von ihnen herangezogen wurden.

Robert Richards examines the views of Immanuel Kant (1724-1804), Johann Friedrich Blumenbach (1752–1840), Friedrich Tiedemann (1781–1861), and Carl Gustav Carus (1789–1869) on the question of the existence of different human "race" in natural historical and psychological terms. Kant and Carus found permanent boundaries separating the races and a hierarchical arrangement among them, while Blumenbach and Tiedemann did not. Richards suggests that this may be due to the very limited access to and use of anatomical data/specimens in the case of Kant and Carus.
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Thomas Junker (Tübingen)   Blumenbach’s theory of human races and the natural unity of humankind. 

Thomas Junker demonstriert mit Abbildungen und Textpassagen aus Johann Friedrich Blumenbachs (1752–1840) originalen Publikationen, dass Blumenbach mit der Definition von fünf Menschenvarietäten keine wertende Hierarchie beabsichtigte, wie dies Stephen Jay Gould (1941–2002) in seinem Buch The Mismeasure of Man (1981) behauptet und mit einer manipulierten Abbildung suggeriert hatte.

Thomas Junker demonstrates via images and text extracts from Johann Friedrich Blumenbach’s (1752–1840) original publications, that Blumenbach did not intend to describe a judgmental hierarchy when he defined five human varieties. This was propagated by Stephen Jay Gould (1941’2002) in his book The Mismeasure of Man (1981), where he also used a manipulated image.
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Hans-Konrad Schmutz (Zürich)   Anthropology and slavery from Blumenbach to the American Civil War. 

Hans-Konrad Schmutz untersucht das komplexe Verhältnis zwischen der entstehenden naturwissenschaftlichen Anthropologie und der Politik in der Mitte des 19. Jahrhunderts, vor allem in Zusammenhang mit der Frage der Legitimation oder der Abschaffung der Sklaverei. Das Spektrum der wissenschaftlichen Positionen reichte dabei von Johann Friedrich Blumenbachs (1752–1840) ästhetischem, James Cowles Prichards (1786–1848) biblischem und Jean Louis Armand de Quatrefages’ (1810–1892) morphologischem Monogenismus bis zu den teils konservativen und teils progressiven Polygenismen um James Hunt (1833–1869), Franz Ignaz Pruner Bey (1808–1882) oder Paul Broca (1824–1880) und ihrem Umfeld in London und Paris in den 1860er Jahren.

Hans-Konrad Schmutz examines the complex relationship between the emerging scientific anthropology and politics around 1850, focussing on the question of legitimizing or abolishing slavery. The spectrum of scientific systems ranged from Johann Friedrich Blumenbach’s (1752–1840) aesthetical monogenism, James Cowles Prichard’s (1786–1848) biblical monogenism, and Jean Louis Armand de Quatrefages’ (1810–1892) morphological monogenism to the different partly conservative or progressive polygenisms around James Hunt (1833–1869), Franz Ignaz Pruner Bey (1808–1882) or Paul Broca (1824–1880) and their circles of London and Paris anthropologists in the 1860s.
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Nicolaas Rupke (Lexington)   'Huxley’s Rule' and the origins of scientific racism. 

Nicolaas Rupke widerspricht der Ansicht, dass Johann Friedrich Blumenbach (1752–1840) der Begründer eines „wissenschaftlich“ begründeten Rassismus war. Vielmehr sei dieser erst im Kielwasser des britischen Darwinismus und insbesondere von Thomas Henry Huxley (1825–1895) propagiert worden.

Nicolaas Rupke rejects the idea that Johann Friedrich Blumenbach (1752–1840) was the founder of a "scientifically" based racism. Its origins should rather be looked for in the context of Darwinism in Britain and especially in the works of Thomas Henry Huxley (1825–1895).
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Discourses and narratives
John Zammito (Houston)   The Rise of Paleontology and the Historicization of Nature: Blumenbach and DeLuc. 

John Zammito beschreibt Johann Friedrich Blumenbach (1752–1840) als wichtigen Pionier einer temporalisierten Auffassung von der Natur in Deutschland: Schon seit den Jahrzehnten zwischen 1780 und 1800 standen die „Geschichtlichkeit der Natur“ und die Paläontologie im Zentrum von Blumenbachs Forschungen. Zammito verweist insbesondere auf Blumenbachs Rezeption der geologischen Vorstellungen Jean-André DeLucs (1727–1817) und setzt sich kritisch mit der Einschätzung von Blumenbachs Bedeutung durch Martin J. Rudwick and Frank W. P. Dougherty auseinander.

John Zammito argues for Johann Friedrich Blumenbach’s (1752–1840) prominence in advancing the research programme of a developmental-historical or historicised approach to nature in Germany: Historicised nature (and paleontology) was at the center of Blumenbach’s programme already in the decades from 1780 to 1800. Zammito especially draws on Blumenbach's relationship to the geological ideas of Jean-André DeLuc (1727–1817) and is critical of Martin J. Rudwick’s and Frank W. P. Dougherty’s assessment of Blumenbach.
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Peter Hanns Reill (Los Angeles)   Blumenbach in the Americas: Prince Maximilian Wied-Neuwied’s implementation of Blumenbach’s interpretations of ethnographic research. 

Peter Hanns Reill stellt neues Quellenmaterial über die Expeditionen Maximilian zu Wied-Neuwieds (1782–1867) im Osten Brasiliens und in Nordamerika vor. Reill zufolge waren Wieds wissenschaftliche Bestrebungen von seinem Studium bei Johann Friedrich Blumenbach (1752–1840) geprägt, dessen ethnographisches Forschungsprogramm er in diesen relativ unberührten Regionen umsetzen wollte.

Peter Hanns Reill presents new source material about the travels of Maximilian zu Wied-Neuwied (1782–1867) to Eastern Brazil and to North America. According to Reill, Wied’s scientific endeavour was shaped by his studies in Göttingen under Johann Friedrich Blumenbach (1752–1840), whose ethnographic research programme he sought to implement in these relatively virgin lands.
  Video (YouTube-Kanal der Universität Göttingen, neues Fenster)
Martin van Gelderen (Göttingen)   Overall commentary. 

Martin van Gelderens Kommentar zu den Vorträgen im Rahmen der internationalen Tagung „Johann Friedrich Blumenbach and the Culture of Science in Europe around 1800“ der Akademie der Wissenschaften zu Göttingen.

Martin van Gelderen’s Commentary on the lectures presented during the international symposium "Johann Friedrich Blumenbach and the Culture of Science in Europe around 1800" of the Göttingen Akademy of Sciences and Humanities.
  Video (YouTube-Kanal der Universität Göttingen, neues Fenster)
Die Tagung wurde mit Mitteln der Fritz Thyssen Stiftung für Wissenschaftsförderung gefördert.
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